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# taz.de -- ZDF-Krimikomödie „Mord nach Zahlen": Verbrecherjagd mit Hackenpo…
> Drei Frauen jagen einen Mörder. Was im Klamauk hätte enden können, wird
> dank großartiger DarstellerInnen zu einem entzückenden Film.
Bild: Die Versicherungsangestellte Marina (Dagmar Manzel) wird Zeugin eines Mor…
Keine andere Kunstform orientiert sich so an der gesellschaftlichen
Realität wie die Komödie. Tragisches verkehrt sich ins Komische,
Langweiliges wird spannend. Und manchmal wird ein Film dadurch so amüsant,
dass man ihn gleich zweimal hintereinander gucken möchte. „Mord nach
Zahlen“ ist so einer.
Das liegt zuallererst an Hauptdarstellerin Dagmar Manzel. Die spleenige
Chefermittlerin Marina hat sich im verstaubten Büro eines
Versicherungskonzerns hinter Aktenbergen verschanzt. Der Desktop ihres PCs
zeigt einen Kupferstich des Philosophen Leibniz. Manchmal unterhält sie
sich heimlich per Videokonferenz mit ihrer Hauskatze Euklid. Auf die Frage,
warum sie mit ihrem Doktor in Mathematik bei der Versicherung arbeite,
erklärt sie: „Das ist einer der wenigen Plätze, wo man mit Zahlen zu tun
hat, ohne dass Menschen eine große Rolle spielen.“
Die Frau, der sie das erklärt, ist Beatrice, die hübsche wie unterforderte
Assistentin eines mutmaßlichen Mörders, entzückend überheblich gespielt von
Felicitas Woll. Marina soll nämlich den Mord aufklären, den Beatrices Chef
begangen haben soll, um die Versicherung zu betrügen. Nach anfänglichem
Protest („Ich geh’ nich’ raus, ich geh’ hier nie raus!“) macht Marina…
in Hosenanzug und Wanderstiefeln im Watschelgang auf Verbrecherjagd, den
Hackenporsche hinter sich herziehend wie Sergio Corbuccis „Django“ den
Sarg.
Wie Manzel die Augen aufreißt, Schnuten zieht, die Stirn kräuselt und die
Nase rümpft! Man möchte immer nur aufjuchzen. Oder die Marotte, sobald sie
sich irgendwo hinsetzt, ihre Handtasche per praktischem wie spießigen
Handtaschenhalter an jede Tischkante zu hängen – egal ob Mahagonimöbel in
der Luxusvilla oder Kunststofftheke in der Russenbar… Hinreißend!
Die große Entdeckung des Films ist Alwara Höfels. Die Schauspielerin aus
gibt hier die russisch-stämmige Proll-Hausmeisterin Olga. Mit aggressiv
vorgeschobenem Kinn stapft die große schlanke Frau durch die Szene wie ein
King Kong im Blümchenkleid und legt jeden aufs Kreuz, der sich ihr in den
Weg stellt.
## Die drei Möglichkeiten einer Frau
Marina, Olga und Beatrice sind ein Traum-Trio zwischen „Drei Engel für
Charlie“ und „Die drei von der Tankstelle“. Den Charlie gibt
Komödien-Talent Bjarne Mädel, bekannt aus „Stromberg“, „Tatortreiniger�…
der Krimikomödienreihe „Mord mit Aussicht“, mit der „Mord nach Zahlen“…
vieler Hinsicht große Ähnlichkeit hat. Auch hier treffen ein halbes Dutzend
großartige Schauspieler zu einem Stelldichein der komischen Unterhaltung
aufeinander.
Mit weniger guten Darstellern könnte dasselbe Drehbuch zu furchtbarem
Klamauk verkommen. So aber ist es ein entzückender Film geworden über die
drei Möglichkeiten einer Frau, sich in der männerdominierten Gesellschaft
zu behaupten, jeweils repräsentiert in einer Figur: mit Intelligenz,
Attraktivität oder durch Aggressivität. Wären es Männer, würden sie am Ende
des Films eine eigene Firma gründen.
Die Frauen freuen sich schließlich über Jobs unter ihrem Niveau. Und die
einzige verheiratete Frau im Film bereut diese materielle Bindung am Ende
und muss sie teuer bezahlen. „Mord nach Zahlen“ ist ein überaus kluger und
unterhaltsamer Krimi geworden. Sowas wünscht man sich als Serie! Man kann
ja nicht ewig denselben Film hintereinander gucken.
Mittwoch, 20.15 Uhr, ZDF, „Mord nach Zahlen“
15 May 2013
## AUTOREN
Lea Streisand
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