# taz.de -- Der US-Sender HBO als Vorbild: Besser durch Bezahlung | |
> Pay-TV gilt als Hoffnung für Serienentwicklungen in Deutschland. Der | |
> Nischensender „TNT Serie“ will mit „Add a Friend“ beweisen, dass das | |
> stimmt. | |
Bild: Ken Duken als Felix Wagner in „Add a Friend“ | |
Smalltalk mit dem Mitarbeiter eines britischen Fernsehsenders in London: | |
„Serien aus Deutschland? Ich kenne ’Derrick‘.“ Er ahnt nicht, wie sehr … | |
den Stachel weiter in das Fleisch der nationalen Fernsehehre bohrt, und das | |
nicht wegen der jüngst bekannt gewordenen Mitgliedschaft Horst Tapperts in | |
der Waffen-SS. Es ist das Reizthema der deutschen TV-Branche. | |
ARD-Serien wie „In aller Freundschaft“ oder zig „SOKO“-Ableger im ZDF s… | |
sich zwar einer breiten Zuschauerschaft sicher, doch die Unzufriedenheit | |
derer, die seit Jahren die internationale Entwicklung verfolgen, ist zur | |
Verbitterung geworden. | |
Weil aber die Entwicklung des Serienformats zu narrativen Höchstleistungen | |
Ende der 1990er von dem amerikanischen Pay-TV-Sender HBO („Die Sopranos“, | |
„Six Feet Under“, „The Wire“) ausging, der als Branchenprimus eine | |
weltweite Duftmarke setzte, war das mediale Interesse hierzulande groß, als | |
der kleine Münchner Sender TNT Serie, Teil des Medienunternehmens Turner | |
Broadcasting, im vergangenen Herbst mit „Add a Friend“ die erste fiktionale | |
Pay-TV-Produktion aus Deutschland präsentierte – mit Neulingen wie Julia | |
Hartmann, die erst in der zweiten Staffel dazustößt, und bekannten | |
Leinwandgesichtern wie Ken Duken und Friedrich Mücke, die in der Serie | |
ausschließlich über Videochats kommunizieren. | |
Die Mischung aus Comedy und Drama erzählt in zehn Folgen die Geschichte von | |
Fotograf Felix (Duken), der, nach einem Autounfall ans Krankenbett | |
gefesselt, mit den Tücken des Alltags und den mysteriösen Umständen seines | |
Unglücks kämpfen muss. | |
Inhaltlich recht konventionell und vorhersehbar, weiß die Serie vor allem | |
durch eine originelle Grundidee, frische Optik und ein hohes Erzähltempo zu | |
gefallen. Damit überzeugte sie sogar die Grimme-Jury, die den Machern einen | |
Preis für „die Idee und die Konzeption des Formats“ verlieh. | |
TNT-Deutschland-Geschäftsführer Hannes Heyelmann fühlt sich bestätigt: | |
„Dass ,Add a Friend‘ recht große Beachtung finden würde, war uns schon | |
klar, weil wir die Ersten sind. Aber es bestand die Gefahr, dass unsere | |
Produktion kritisch beäugt und man uns und der Pay-TV-Branche raten würde, | |
das Produzieren lieber weiterhin anderen zu überlassen.“ | |
Auch beim großen Pay-TV-Bruder Sky Deutschland nimmt man das Thema ernst: | |
„Wir wissen, dass das Thema fiktionale Eigenproduktion ein wichtiges ist, | |
deswegen treiben wir es voran“, versichert Filmchef Marcus Ammon. „Es ist | |
aber auch ein sehr teures. Deswegen müssen wir sehr genau prüfen, was wir | |
machen und wann.“ Man befinde sich derzeit im Gespräch mit vielen | |
Produzenten, um das geeignete Konzept fürs Seriendebüt zu finden: „In | |
erster Linie geht es darum, einzigartige, provokante Geschichten horizontal | |
zu erzählen. Dies ist im frei empfangbaren Fernsehen immer weniger zu | |
beobachten.“ | |
## "Lust, andere Wege zu gehen" | |
Die horizontale, also folgenübergreifende Handlung reizte auch Schauspieler | |
Ken Duken an „Add a Friend“: „Serienformate, die man bislang aus | |
Deutschland kennt, erzählen eine Geschichte über mehrere Folgen so gut wie | |
nie stringent. Schaut man sich amerikanische Pay-TV-Serien an, sieht man, | |
dass durch diese spezielle Stringenz Figuren ins Unermessliche getrieben | |
werden können. Da wird es plötzlich spannend.“ | |
Dass sie unter Produzenten und Kreativen als Hoffnungsträger der Branche | |
gelten, ist Sky-Filmchef Ammon bewusst: „Das hat mit der großen Lust zu | |
tun, andere Wege zu gehen, aber auch damit, dass man sich im dualen System | |
die Hörner abstößt“. | |
Gute Ansätze sind für „Add a Friend“-Regisseur Tobias Baumann („Der | |
Wixxer“) nicht genug: „Ich hoffe, dass man da irgendwann erwachsen wird und | |
den nächsten Schritt geht. Dass man sich nicht mit Pioniercharakter und Low | |
Budget begnügt, sondern mehr Risiko eingeht.“ Er wünscht sich mehr Mut – | |
auch von den Öffentlich-Rechtlichen: Die NDR-Serie „Der Tatortreiniger“ mit | |
Bjarne Mädel sei ein schöner Anstoß gewesen, „aber man muss auch den | |
nächsten Schritt gehen, damit es mal ordentliche Budgets gibt und | |
Entwicklungszeit, und dass man nicht nur drei oder vier Folgen kauft, | |
sondern direkt zehn.“ | |
Montags, 20.15 Uhr, TNT Serie, "Add a Friend" | |
6 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Jens Mayer | |
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