# taz.de -- ARD Radiofestival 2013: Bonmot für die Traditionellen | |
> Beim „Radiofestival 2013“ versucht die ARD zum fünften Mal, die geballte | |
> Hochkultur an die HörerInnen zu bringen – und das acht Wochen lang. | |
Bild: Solosprecher Wolfram Berger wird wieder mit Musil zu hören sein. | |
Ulrich geht immer. Zumindest bei der ARD. Am Samstag startet das | |
„Radiofestival 2013“ und Ulrich ist von Anfang an dabei. Sämtliche | |
Kulturwellen senden bis zum 7. September wöchentlich, jeweils ab 20.05 Uhr | |
Features, Konzerte, Gespräche und Lesungen. In letzterer Programmreihe darf | |
dann auch Ulrich glänzen – als Protagonist von Robert Musils epochalem | |
Romanfragment [1][„Der Mann ohne Eigenschaften“]. | |
Neu ist die Produktion nicht: Musils tausende Seiten starkes, | |
philosophisches Bekenntnis zu den Identitätskonflikten der europäischen | |
Moderne am Vorabend des Ersten Weltkriegs ließen der Hessische Rundfunk und | |
der Rundfunk Berlin-Brandenburg schon Anfang des Jahrtausends einlesen. | |
Solo-Sprecher Wolfram Berger machte damals aus dem schweren Stoff ein | |
zutiefst hörenswertes Drama, in dessen Schatten auch die tragische | |
Biografie seines Autors ruht. Der Österreicher starb vereinsamt 1942 an den | |
Folgen eines Schlaganfalls in Genf. Zuvor arbeitete er mehr als zwanzig | |
Jahre an dem Roman und hinterließ ein riesiges Nachlasskonvolut. Im Rahmen | |
des „ARD Radiofestivals“ wird eine auf 12,5 Stunden gekürzte Fassung von | |
Montag bis Freitag jeweils um 22.30 Uhr gesendet. | |
Nach der Musil-Etappe dürfen dann auch Mirko Bonné („Feuerland“), Thomas | |
Brussig („Die Parallelaktion“) oder Silke Scheuermann („Die | |
Ausgestorbenen“) mit ihren Erzählungen beim Hörer vorstellig werden. | |
Eigentlich fungiert die Literatur, neben einer internationalen | |
sonntäglichen Feature-Reihe (22.30 Uhr) unter dem Motto „Liebe.Tod.Welt“, | |
aber nur als Bonusangebot eines breiten musikalischen Programms. Dabei | |
greift auch hier wieder das anachronistische Kulturradiogebot, meint: | |
Klassik und Oper. | |
## Metallica als „Punks des Metall“ | |
Der Musil der Musik kommt live vom 26. bis zum 31. Juli aus Bayreuth und | |
heißt Wagner. Den „Ring des Nibelungen“ hat diesjährig der Intendant der | |
Berliner Volksbühne, Frank Castorf, inszeniert. Könnte also bestenfalls | |
postmodern-wild werden. Dirigieren wird der Generalmusikdirektor der | |
Bayerischen Staatsoper, Kirill Petrenko. Sonst gibt es noch Mozarts | |
„Zauberflöte“ oder Verdis „Giovanna d’Arco“. | |
Der generelle Soundtrack kommt in täglichen Konzertblöcken daher. Es werden | |
Festivalmitschnitte aus Lugano oder von den Salzburger Festspielen | |
gesendet. Den Abschluss macht Anfang September das BBC Symphony Orchestra: | |
„Last night of the Proms“. Nachts gibt’s unter der Woche Jazz von der WDR | |
Big Band, Sonny Rollins oder Günter Sommer. | |
Jeweils den Sonntag beschließen darf das Pop-Format „Nachtmix“ auf Bayern 2 | |
mit der Reihe „Playback“, für die jüngeren Hörerschichten, also die (Pos… | |
68er. Wobei in der Reihe zur Popgeschichte auch The Strokes und Metallica | |
angekündigt sind. Letztere werden gar als „Punks des Metal“ beworben. | |
Nun ist es erst mal ausgesprochen löblich, dass die ARD bereits zum fünften | |
Mal über acht Sommerwochen hinweg ordentlich und gebündelt Kultur ins | |
Programm schaufelt. | |
Nur fehlt es eklatant an Diskursivem. Schon klar, dass das „Radiofestival“ | |
qua Definition als Bonmot für die traditionellen HörerInnen der Sender | |
dient, doch eine gewagtere Programmfarbe hätte den tradierten Formaten | |
nicht geschadet. Der Spielraum für Avantgardistisches ist da und zumutbar. | |
Robert Musil schreibt programmatisch in seinem Nachlass: „Geschichte wird, | |
Geschehen wird, sogar Kunst wird – aus einem Mangel an Glück.“ | |
■ „ARD Radiofestival 2013“. 13. Juli bis 7. September, 20.05–24 Uhr, auf | |
sämtlichen Kultursendern der ARD. Programmübersicht auf | |
[2][www.ardradiofestival.de] | |
13 Jul 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Mann_ohne_Eigenschaften | |
[2] http://programm.ard.de/Radio/Radiofestival2013/Uebersicht | |
## AUTOREN | |
Jan Scheper | |
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