# taz.de -- Die Knigge-Frage: Muss man Anrufe beantworten? | |
> Es klingelt und klingelt und hört nicht auf. Meistens, wenn es gerade | |
> ungünstig ist. Und dann? Abnehmen oder ignorieren? | |
Bild: Hier? Muss das sein? | |
Didel dö dö didel dö dö didel dö dö döööö. Erinnert sich noch jemand … | |
Klingelton von Nokia? Egal, die anderen sind auch schlimm. Das Gedudel geht | |
meistens los, wenn man sich gerade aufs Fahrrad gesetzt oder in die | |
Badewanne gelegt hat oder hastig Lebensmittel in Einkaufstüten stopft. | |
Außer Reichweite vibriert sich das Handy Richtung Tischkante oder tiefer in | |
die Tasche, unter Schlüssel, Kulis und Tabakkrümel. Manchmal dröhnt es sich | |
den Lautstärkeregler hinauf, oder Beyoncé heult einen Jingle, der sie seit | |
zehn Jahren "crazy in love" sein lässt. | |
Halt der falsche Moment? Schicksal? My ass. Warum ruft das Schicksal nicht | |
mal an, wenn man im Bett liegt und an die Decke starrt? | |
Andererseits: Warum ruft das Schicksal ausgerechnet dann an, wenn man mal | |
im Bett liegt und an die Decke starrt? | |
Das Problem: Ein Name blinkt und blinkt und blinkt auf dem Display. Und mit | |
jedem Blinken wächst das schlechte Gewissen. Binnen Sekunden muss eine | |
Kosten- und Leistungsrechnung im Kopf erfolgen: Bin ich ein guter Mensch | |
und sammle Karmapunkte, wenn ich rangehe und mir zwanzig Minuten anhöre, | |
dass die Blumen im Beet einfach nicht wachsen wollen oder dieser Mann seine | |
Frau auch nach vier Jahren Affäre nicht verlässt? | |
Oder ist der Leidensdruck mittlerweile so hoch, dass ich getrost auf stumm | |
schalten darf? Und wenn ich mich für "stumm" entscheide, wie lange denke | |
ich im Anschluss darüber nach, dass es ausnahmsweise ein wirklich wichtiger | |
Anruf hätte sein können? Dass, verdammt, oh nein, oh Gott, etwas Schlimmes | |
passiert sein könnte? | |
Die Anrufsituation schafft Neurosen. Im Job erst recht, da bedeutet jeder | |
Anruf Unterbrechung - und er bedeutet Arbeit. Ich wollte noch… Hast du | |
schon…? Schickst du eben…? Wer nicht eben schickt, schleppt seinen Beruf | |
abends mit in die Bar oder im Sommer mit in den Urlaub und schickt eben da. | |
Übrigens ein echtes Politikum! Ursula von der Leyen hat jedenfalls gar kein | |
Verständnis dafür, dass Mails am Strand gecheckt werden. "Glasklare Regeln" | |
will sie, "zu welchen Uhrzeiten muss ich erreichbar sein und wann bekomme | |
ich dafür meinen Ruheausgleich". | |
Hmm. Ja. Also. Wann muss ich erreichbar sein? | |
Wenn ich erreichbar sein will. Und bevor das Telefon den nächsten Laut von | |
sich geben kann: einfach mal abschalten. | |
## eine ungelöste Benimm-Frage? Mailen Sie an | |
20 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Annabelle Seubert | |
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