# taz.de -- Verschärfung des EU-Zinssteuergesetzes: „Das ist beispiellos“ | |
> Europas Staatschefs haben in Brüssel beschlossen, Steuerschlupflöcher zu | |
> schließen. Das EU-Zinssteuergesetz soll bis Ende 2013 verschärft werden. | |
Bild: Hatten einiges zu besprechen: Die EU-Regierungschefs in Brüssel | |
BRÜSSEL dpa | Mit dem Abschied vom Bankgeheimnis für Ausländer nimmt die EU | |
auch die Steuertricks von Großkonzernen ins Visier. Die EU-Staats- und | |
Regierungschefs einigten sich am Mittwoch bei ihrem Gipfel auf einen | |
konkreten Zeitplan, um Steuerschlupflöcher zu schließen. Dazu werden auch | |
Nicht-EU-Staaten wie die Schweiz ins Boot genommen. | |
„Das ist beispiellos“, sagte EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy in Brüssel zum | |
Abschluss der Beratungen. „Die Wirtschaftskrise macht den Unterschied.“ | |
Jedes Jahr gehen den EU-Staaten nach Angaben aus Brüssel etwa 1 Billion | |
Euro durch Steuervermeidung verloren. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte die Vereinbarungen. Diese | |
seien „ein klares Signal gegen Steuerhinterziehung und auch gegen heute | |
noch legale Prinzipien der Steuervermeidung“. Sie sprach von einem | |
Durchbruch. Entscheidend sei, „dass einige Mitgliedsländer jetzt auch | |
bereit sind, dem vollen Datenaustausch zuzustimmen“. Dies ermögliche der | |
EU, nun mit Drittstaaten wie der Schweiz zu verhandeln. „Ein sehr wichtiger | |
Fortschritt, den wir jahrelang nicht gehabt haben.“ | |
Nach dem Willen der „Chefs“ soll bis Jahresende die Verschärfung des | |
EU-Zinssteuergesetzes unter Dach und Fach gebracht werden. Das bedeutet de | |
facto das Ende des Bankgeheimnisses für Bürger aus dem EU-Ausland. Die | |
Zukunft soll dem automatischen Austausch von Bankdaten gehören. | |
## Mit gutem Beispiel vorangehen | |
Die Union will zudem Unternehmen daran hindern, aggressiv | |
Steuerschlupflöcher auszunutzen und so Milliardengewinne zu verlagern. | |
Entsprechende Regeln sollen bis Jahresende angeschoben werden. „Wir müssen | |
an dieser extrem komplizierten Sache arbeiten“, forderte | |
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. | |
Merkel sagte dazu: „Wir werden darauf hinwirken, dass die Unternehmen dort, | |
wo sie ansässig sind, auch verstärkt zu Steuerzahlungen gebracht werden, | |
und das alles setzt den Kampf gegen Steueroasen voraus.“ Die EU gehe hier | |
mit gutem Beispiel voran. „Wir können nicht akzeptieren, dass europäische | |
oder nicht-europäische Unternehmen mit heute legalen Methoden der | |
Besteuerung entgehen“, resümierte Frankreichs Staatspräsident François | |
Hollande. | |
Zuletzt hatte der US-Konzern Apple mit seiner Steuerstrategie eine Debatte | |
ausgelöst. US-Politiker werfen Apple vor, über irische Tochterfirmen | |
höheren Abgaben in den USA zu entgehen. Die Staats- und Regierungschefs | |
berieten bei dem Spitzentreffen auch über die hohen Energiepreise. Als | |
Reaktion auf die schwere Wirtschaftskrise will die EU Industrie und | |
Verbraucher mit niedrigeren Preisen unterstützen. | |
Direkte Eingriffe in die Preispolitik sind aber nicht vorgesehen. „Die | |
Versorgung mit bezahlbarer und nachhaltiger Energie für unsere | |
Volkswirtschaften ist äußerst wichtig“, heißt es in der Abschlusserklärun… | |
Noch vor Jahresende soll die EU-Kommission eine Analyse über die | |
Preistreiber im Energiesektor vorlegen. | |
## Umstrittenes Thema Fracking | |
Die Energiepolitik liegt allerdings in der Kompetenz der einzelnen | |
EU-Staaten. Die Staaten sollten ihren Mix in der Energieversorgung | |
erweitern, heißt es. Das nicht nur in Deutschland umstrittene Thema | |
Fracking, die Förderung von Schiefergas, taucht in der Erklärung nur | |
indirekt auf. Die EU-Kommission werde „heimische Energiequellen darauf | |
prüfen, wie sie sicher, nachhaltig und kosteneffizient“ genutzt werden | |
könnten. | |
Bei den Steuern wahren Österreich und Luxemburg bisher das Bankgeheimnis | |
für Ausländer und erheben stattdessen eine anonyme Quellensteuer von 35 | |
Prozent. Nach der Ankündigung Luxemburgs, von 2015 an am automatischen | |
Informationsaustausch teilzunehmen, macht nun auch Österreich beim Kampf | |
gegen Steuerflucht mit. „Das ist ein schlechter Tag für Steuerbetrüger“, | |
sagte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann. | |
Luxemburg stellte noch Bedingungen. Es müsse zunächst mit der Schweiz und | |
anderen Nicht-EU-Staaten über die Ausweitung der europäischen | |
Zinsbesteuerung gesprochen werden, sagte Premier Jean-Claude Juncker. „Wir | |
hätten gerne, dass die EU die Schweiz ernst nimmt.“ | |
## Umbau der Wirtschafts- und Währungsunion | |
Beim nächsten Gipfel Ende Juni steht der Umbau der Wirtschafts- und | |
Währungsunion auf dem Programm. Merkel kündigte an, am 30. Mai zu | |
Gesprächen mit der französischen Führung nach Paris zu reisen. Sie wolle | |
mit Hollande Vorschläge für den nächsten Gipfel machen. | |
Aus Regierungskreisen hatte es zuvor geheißen, dass es vor dem für Ende | |
Juni geplanten EU-Spitzentreffen eine gemeinsame Initiative für weitere | |
EU-Reformen geben solle. Hollande pochte in der vergangenen Woche auf das | |
alte französische Vorhaben einer Wirtschaftsregierung für die Eurozone. | |
Die Staatenlenker sprachen auch über den blutigen Bürgerkrieg in Syrien. | |
Europa müsse den Druck auf den Machthaber Baschar al-Assad erhöhen, | |
forderte Großbritanniens Premier David Cameron. „Ich denke, die EU sollte | |
das Signal aussenden, dass wir bereit sind, das Waffenembargo aufzuheben, | |
es zu ändern, um Druck auszuüben.“ Er lehne es ab, dass Assad an den | |
internationalen Syrien-Gesprächen teilnehme. | |
22 May 2013 | |
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