# taz.de -- Sexarbeiterin über Zwangsprostitution: „Ich kenne kein einziges … | |
> Undine aus Hamburg ist seit 20 Jahren Hure. Sie spricht über das | |
> rot-grüne Prostitutionsgesetz, über schüchterne Männer im Puff und die | |
> Moral der Deutschen. | |
Bild: Prostituierte in einem Bordell in Freiburg: Steht sie freiwillig dort? | |
taz: Undine, als das Prostitutionsgesetz 2002 in Kraft trat, sollte | |
Sexarbeit ein normaler Beruf werden – so wie Bäcker, Lehrerin, Busfahrer. | |
Haben Sie einen normalen Beruf? | |
Undine: Nein. Bedauerlicherweise. | |
Ist das rot-grüne Prostitutionsgesetz gescheitert? | |
Das Gesetz war ein guter Anfang, aber es hat nicht die gesellschaftliche | |
Anerkennung gebracht, die wir uns erhofft hatten. | |
Woran liegt das? | |
Teilweise haben die Kommunen und die Länder gegen das Gesetz gearbeitet. | |
Statt die Arbeitsbedingungen von SexarbeiterInnen zu verbessern, passierte | |
genau das Gegenteil. Es gibt immer mehr Sonderbesteuerungen. In manchen | |
Stadtteilen großer Städte und in vielen kleineren Gemeinden dürfen | |
Prostituierte aufgrund der Sperrgebietsverordnung gar nicht arbeiten. Oft | |
haben einzelne Beamte zu viel Spielraum, den sie nutzen, um ihre | |
persönlichen Moralvorstellungen durchzusetzen. | |
Frauen, die offenbaren, dass sie anschaffen, werden schräg angeschaut. | |
Männer, die zugeben, dass sie ins Bordell gehen, auch. Was ist das Problem? | |
Einerseits haben viele Menschen Angst vor offen gelebter Sexualität. Da | |
spielt auch die Moral, die beispielsweise durch die christlichen Kirchen | |
vorgegeben wird, eine große Rolle. Andererseits geht es um Macht. | |
Wie meinen Sie das? | |
Ich habe den Eindruck, manche Prostitutionsgegnerinnen möchten Männer quasi | |
erziehen: Wenn der Mann ins Bordell gehen kann, fällt Sexentzug als | |
Druckmittel schon mal aus. Männern, die zu Huren gehen, wird zudem rasch | |
unterstellt, sie übten Gewalt an Frauen aus. | |
Das sind alles nur Mythen? | |
Ja. Viele Männer, die in Bordelle gehen, sind schüchtern. Und sie verhalten | |
sich gegenüber den Frauen dort völlig normal. | |
Die Polizei lügt, wenn sie von Menschenhandel und Zwangsprostitution in | |
Bordellen und auf dem Strich spricht? | |
Nein, solche Fälle gibt es. Aber das sind wenige. Ich fürchte, dass mit | |
ihnen als Schreckensbeispiele Politik gegen Prostitution an sich gemacht | |
werden soll. Ich bin seit 20 Jahren Sexarbeiterin und habe Kolleginnen aus | |
aller Herren Länder. Aber ich kenne kein einziges Opfer. | |
Es heißt, dass vor allem Frauen, die aus Familien stammen, in denen | |
sexuelle Grenzen überschritten wurden, in die Prostitution abgleiten. Da | |
kann doch von Freiwilligkeit kaum die Rede sein … | |
Das sind Behauptungen, die nicht belegt sind. | |
Viele Prostituierte arbeiten anonym, Sie auch. Warum? | |
Meine Anonymität wahre ich nur meinen Gästen gegenüber. Ich will vermeiden, | |
dass ein Kunde bei mir zu Hause vor der Tür steht. Meine Freunde und meine | |
Familie wissen Bescheid. | |
Was sagen Sie, wenn Sie nach Ihrem Beruf gefragt werden? | |
Dass ich Sexarbeiterin bin. Ich identifiziere mich damit. | |
Steuer und Versicherung erkennen diese Bezeichnung an? | |
Nein. Beim Finanzamt gelte ich als Freiberuflerin. Und bei meiner | |
Krankenkasse, bei der ich schon lange gemeldet bin, spielt das keine Rolle. | |
31 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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