# taz.de -- Prostituierte über Sexarbeit: „Wir sind doch die Aktiven“ | |
> Männer müssen sich outen, wenn sie ihre Dienste wollen, sagt Johanna | |
> Weber. Die Prostituierte wehrt sich gegen das Opferimage in ihrem | |
> Berufsstand. | |
Bild: Gekaufte Zweisamkeit. Neonherzen an einem Bordell in Frankfurt. | |
taz: Frau Weber, warum haben Prostituierte einen Bundesverband gegründet? | |
Johanna Weber: Wir haben uns zusammengeschlossen, weil die öffentliche | |
Meinung sich immer stärker gegen unseren Berufsstand wendet. Es entsteht | |
ein Bild, dass Prostitution nur noch unter Zwang erfolgt und dass es eine | |
freiwillige Tätigkeit in dieser Branche gar nicht gibt. Die Branche soll | |
stärker reguliert werden. Wir sind nicht komplett gegen Regelungen, aber | |
die Gesetzentwürfe verschlechtern unsere Arbeitsbedingungen eher. Wir | |
wollen jetzt mitreden. | |
Sie repräsentieren sogenannte Edelhuren. Was ist mit Opfern von | |
Menschenhandel, die man zur Prostitution zwingt? | |
Ich persönlich bin der Meinung, dass die Bereiche Menschenhandel und | |
Prostitution getrennt werden müssen. Prostitution kann nur freiwillig | |
erfolgen. Alles andere ist ein Straftatbestand. Das hat nichts mehr mit | |
Prostitution zu tun. Und wenn Sie die Zahlen ansehen, dann waren unter den | |
schätzungsweise 400.000 Huren im Jahr 2011 nur 640 Opfer von | |
Menschenhandel. | |
Die Dunkelziffer ist viel höher. | |
Aber sie wird sicher nicht in der Nähe der 400.000 liegen. Die Gewerkschaft | |
der Polizei sagt, das Problem ist nicht der Zutritt zu Bordellen, sondern | |
dass sie nicht unterscheiden können, wer ausgebeutet wird und wer nicht. | |
Heute arbeiten die EU-Ausländerinnen legal hier und wissen in der Regel | |
auch, welcher Arbeit sie nachgehen werden. Nur die Bedingungen sind ihnen | |
oft nicht bekannt. | |
Deshalb wird über eine Konzessionierung von Bordellen nachgedacht. | |
Ja, aber dabei wollen wir mitreden. Die Idee, wie ein Bordell aussehen | |
soll, ist im Moment so schwammig gefasst, dass man es quasi willkürlich | |
schließen kann. Wie soll denn eine Betreiberin oder ein Betreiber da | |
investieren? Wir wollen uns nicht querstellen, wir sind keine Revoluzzer. | |
Aber wenn es wirklich um eine sinnvolle Lösung geht, dann sollte Expertise | |
von uns eingeholt werden. | |
Ist Prostitution ein normaler Beruf? | |
Es ist kein Beruf wie jeder andere. Aber für mich ist das natürlich mein | |
Beruf. Heute um 12 Uhr fängt meine Arbeitszeit an. Ich habe vorher eine | |
Marketingabteilung geleitet, ich musste nicht in die Prostitution gehen. | |
Macht es auf die Dauer krank, Körper und Seele so zu trennen wie | |
Prostituierte das tun? | |
Das ist eine Äußerung von Menschen, die noch nie mit uns geredet haben. | |
Wenn man uns mal fragen würde, wie sich das für uns anfühlt, bekäme man | |
ganz vielfältige Antworten. Aber niemand fragt uns. Ich habe noch keine | |
Sexarbeiterin getroffen, die einen Ekel vor dem Beruf hat. Der würde ich | |
auch dringend raten, etwas anderes zu machen. | |
Ist die Sympathie nicht von Kunde zu Kunde verschieden? | |
Meistens spürt man beim ersten Kontakt schon, ob die Wellenlänge stimmt. | |
Und es geht auch nicht um die Person, sondern darum, dass man eine Stunde | |
lang etwas inszeniert. Und wir sind die Aktiven. Die Männer kommen mit | |
ihren „primitiven“ Bedürfnissen zu uns und müssen sich outen. Eine Kolleg… | |
aus Dortmund sagte neulich: „Hömma, ich bin zwar nicht Domina, aber | |
letztlich sind wir doch alle Chef. Die Männer kannze doch immer beie Eier | |
kriegen.“ | |
17 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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