Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Erster Prostitutionspark der Schweiz: Nix zu dritt – und nur im A…
> Mit einem Auto-Sexpark sollen Prostituierte vom berüchtigten Zürcher
> Bahnhof weggelockt werden. Aber wie werden die Sexarbeiterinnen
> reagieren?
Bild: Sexboxen mit Alarmknopf: FrauenrechtlerInnen loben die höhere Sicherheit…
ZÜRICH dpa | Kein Auto, kein Sex. Das macht die Piktogrammtafel am ersten
amtlichen Strichplatz der Schweiz in leicht verständlicher Symbolik klar.
Wer auf dem Bike oder dem Motorrad kommen will, wird enttäuscht. Alles
durchgestrichen. Ein dickes Kreuz auch über einem Auto, in dem neben dem
Fahrer eine weitere Person sitzt. „Nur ein Freier pro Wagen“, sagt ein
Wachmann. „Keine Gaffer, und nix zu dritt oder so.“
So gut wie alles im nagelneuen Prostitutionspark auf der unattraktiven
Rückseite des Zürcher Hauptbahnhofs ist mit Schweizer Gründlichkeit
geregelt. Dennoch sind Zürichs Stadtväter sich nicht sicher, dass die mit
Steuergeldern errichtete Anlage – in der Alpenrepublik ist sie seit Wochen
ein beliebtes Debattenthema – von Sexarbeiterinnen und Freiern wirklich
angenommen wird.
Am kommenden Montag wird der Strichplatz eröffnet. Erst nach einigen
Monaten werde man sagen können, ob das Experiment geglückt sei, sagte
Sozialstadtrat Martin Walser Reportern bei einer Vorbesichtigung. „Es gibt
keine Erfolgsgarantie, wir probieren hier etwas aus.“
Als Hauptgrund geben die Verantwortlichen an, dass die Zustände am Sihlquai
– bislang der größte Schweizer Straßenstrich – „einfach nicht mehr hal…
seien. Unweit der malerischen Altstadt am Ufer des Flusses Sihl gelegen,
gab es auf Zürichs sündiger Meile oft Zoff. Nicht zuletzt, weil
Prostituierte von Gaffern belästigt wurden; immer wieder mal auch von
Horden betrunkener Jugendlicher.
## „Drive In“-Modell
Zudem war es vielen ein Dorn im Auge, dass der Strich an attraktiver
Uferlage nicht nur Anwohner ärgerte, sondern auch Investoren abschreckte.
Zeitgleich mit dem Start der Sexanlage auf der Schattenseite der
Bahnhofsgleise tritt ein neuer Strichplan in Kraft. Danach soll
Straßenprostitution in der Wirtschaftsmetropole nur noch in der neuen
Anlage sowie auf einem Auto- und einem Fußgängerstrich zugelassen werden,
die schon länger existieren.
Kleine orangene Regenschirme sollen Freiern den Weg vom Sihlquai zum nicht
weit entfernten neuen Sexpark weisen. Als Vorbild diente unter anderem eine
ähnliche Einrichtung in Köln. Die Funktionsweise erinnert an das
Rundkurs-Prinzip von „Drive In“-Restaurants: Der Kunde bleibt im Auto,
kurbelt die Scheibe herunter, äußert Wünsche und bekommt einen Preis zu
hören. Für den Akt stehen dann zehn sogenannte Verrichtungsboxen für die
Autos zur Verfügung.
Vor neugierigen Blicken durch hohe Bretterwände geschützt, sollen von 19.00
Uhr bis 05.00 Uhr gleichzeitig bis zu 40 Prostituierte – ähnlich viele wie
am Sihlquai – auf dem 220-Meter-Rundkurs in der Mitte des Strichplatzes für
sich werben können.
Ohne Sexarbeiterinnen gleicht das Areal einer Carport-Siedlung, die jemand
mit Poster-Werbung für die Kondom-Benutzung beklebt hat: „Gib Gummi, wenn
du auf Touren kommst“, steht in großen schwarzen Lettern auf einem der
gelben Plakate.
## Im Notfall Flutlicht
Ursula Kocher, Leiterin der Frauenhilfsorganisation Flora Dora, lobt den
Strichplatz vor allem wegen der besseren Sicherheit für die Prostituierten.
Die Sexboxen seien eigens so angelegt, dass auf der Beifahrerseite immer
ausreichend Platz zum fluchtartigen Aussteigen bleibe. Jederzeit könnten
die Frauen einen Alarmknopf erreichen.
„Dann geht ein Lichtsignal und ein Flutlicht in der Box an“, sagte Kocher
der Zeitung 20 Minuten. „Wir können sofort intervenieren, schnell ist auch
die Polizei da.“ Zudem biete ein Flora-Dora-Pavillon eine Dusche und WCs,
einmal pro Woche biete eine Ärztin Beratung an.
Ob das viele Prostituierte überzeugt, wird von Sozialarbeitern mit Spannung
erwartet. Manche fürchten, dass Zuhälter, die zum Strichplatz keinen
Zutritt haben, Frauen zum „Anschaffen“ auf den noch verbliebenen oder auf
illegalen Straßenstrichs nötigen werden.
In der Zürcher Sozialverwaltung hofft man allerdings auch, dass finanzielle
Vorteile den Strichpark für Sexgewerblerinnen attraktiv machen. Der sei
nämlich potenziell deutlich profitabler, rechnete Behördenvertreter Michael
Herzig Reportern vor.
Frauen, die noch am Sihlquai oder anderen Straßenstrichs in Freier-Autos
steigen, würden oft weit entfernt aussteigen müssen. „In der Zeit, die sie
für die Rückkehr aufwenden müssen, können sie keine Freier bedienen und
verdienen somit auch nichts", gab die Zeitung Der Landbote Herzigs
zweifelhaftes Argument pro Strichplatz wieder.
20 Aug 2013
## TAGS
Prostitution
Schweiß
Sexarbeit
Zürich
Schweiß
Grüne
Prostitution
Prostitution
## ARTIKEL ZUM THEMA
Sexarbeit in der Schweiz: Verrichtungsbox am Straßenstrich
Die Stadtverwaltung ist zufrieden, die Sexarbeiterinnen klagen über
sinkende Einnahmen: Seit einem Jahr gibt es in Zürich die sogenannten
Sexboxen.
Debatte Pädophilie und Prostitution: Die Würde der Sexarbeiterinnen
Alice Schwarzer nutzt die gegenwärtige Debatte aus, um Prostitution erneut
zu kriminalisieren. Dabei argumentiert sie mit verkapptem Rassismus.
Straßenstrich: Mit Lockvögeln auf Freier-Jagd
Das Kontakt-Verbot für Sexarbeiterinnen und Freier in St. Georg wird
verlängert. Als Huren verkleidete Polizistinnen sollen Verstöße aufdecken.
Sexarbeiterin über Zwangsprostitution: „Ich kenne kein einziges Opfer“
Undine aus Hamburg ist seit 20 Jahren Hure. Sie spricht über das rot-grüne
Prostitutionsgesetz, über schüchterne Männer im Puff und die Moral der
Deutschen.
Recht auf Straßenstrich: Sicher prostituieren
Für eine Zimmermiete würde ihr Einkommen nicht reichen: Eine Prostituierte
hat ihr Recht auf den Straßenstrich in Dortmund eingeklagt.
Sexarbeits-Gesetz: Bordelle sind wie Imbissbuden
Das rot-grüne Bremen will als erstes Bundesland ein eigenes
Prostitutionsgesetz erlassen - und damit die Lücken füllen, die die eigene
Bundesregierung hinterließ.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.