| # taz.de -- Forum zum Endlager-Gesetz: Beteiligung fast ohne Bürger | |
| > Umweltministerium und Parteien luden das Volk zur Debatte. Doch das | |
| > Interesse war gering. Umweltverbände bemängeln fehlenden Einfluss. | |
| Bild: Ist zwar enttäuscht, aber hält sein Bürgerforum für gelungen: Umweltm… | |
| BERLIN taz | Sie hatten sich das so schön vorgestellt. Einen großen Saal in | |
| einer ehemaligen Kirche hatten Umweltministerium und Bundestagsfraktionen | |
| gebucht, freundliche Moderatoren und jede Menge Techniker engagiert und für | |
| die Verpflegung noch ein Zelt angebaut. Drei Tage lang sollen „alle | |
| interessierten Bürgerinnen und Bürger“ an diesem Wochenende [1][in Berlin | |
| über das neue Endlager-Gesetz diskutieren], hieß es in der Einladung des | |
| Ministeriums. | |
| Mindestens 300 Teilnehmer wurden erwartet, die Redezeit auf fünf Minuten | |
| begrenzt, damit möglichst viele zu Wort kommen. Doch als das Forum am | |
| Freitagmittag beginnt, fehlt das Entscheidende: Die Bürgerinnen und Bürger. | |
| Als Umweltminister Peter Altmaier (CDU) seine Begrüßungsrede hält, haben | |
| sich ganze 79 Teilnehmer akkreditiert. Zusammen mit der Presse füllen sie | |
| etwa die Hälfte der locker aufgestellten Stühle. Etwa doppelt so viele | |
| haben sich insgesamt angemeldet. | |
| Sogenannte „einfache Bürger“, die als Privatperson ihre Meinung mitteilen | |
| wollen, sind kaum darunter. Im Publikum domieren Anzugträger, unter den 50 | |
| angemeldeten RednerInnen sind nur zehn, die nicht eine Partei, Organisation | |
| oder Kommune vertreten. Weil der Andrang offenbar gering war, dürfen einige | |
| sogar mehrmals und alle deutlich länger als fünf Minuten reden. | |
| Der Grund für die schwache Beteiligung ist draußen vor der Halle zu | |
| erleben: Hier protestieren VertreterInnen verschiedener Umweltverbände und | |
| Anti-Atom-Initiativen gegen das, was sie auf Transparenten und Flugblättern | |
| als „Beteiligungs-Farce“ bezeichnen. Mehr als 140 Organiationen aus der | |
| Umweltbewegung hatten im Vorfeld erklärt, die Veranstaltung zu | |
| boykottieren. | |
| Sie kritisieren vor allem, dass das geplante Endlager-Gesetz bereits in den | |
| Bundestag eingebracht wurde und damit kaum noch mit Änderungen zu rechnen | |
| sei. | |
| ## Feigenblatt für schlechtes Gesetz | |
| „Das Gesetz wurde in Berliner Hinterzimmern ausgehandelt“, sagte Mattihas | |
| Edler von [2][Greenpeace]. „Eine Showveranstaltung ersetzt keine | |
| Bürgerbeteiligung.“ Jochen Stay von der Initiative Ausgestahlt erklärte: | |
| „Als Feigenblatt für ein schlechtes Gesetz geben wir uns nicht her.“ | |
| Altmaier übte an dieser Haltung scharfe Kritik. Das Forum sei vor allem auf | |
| Wunsch der Grünen entstanden. Dass er nun dafür scharf kritisiert werde, | |
| mache ihn „betroffen und bedrückt“. Verständnis für die Haltung der | |
| Verbände hat der Umweltminister nicht. „Diejenigen, die sich nicht | |
| beteiligen, verpassen eine Chance.“ | |
| Kritik am Verfahren wies Altmaier zurück; die Öffentlichkeitsbeteiligung | |
| sei „beispielhaft“. | |
| Diese Äußerungen stießen wiederum bei Jochen Stay von der [3][Initative | |
| Ausgestrahlt] auf Unverständnis. „Wenn Almaier das Forum für gelungen hält, | |
| obwohl von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen so gut wie niemand | |
| teilnimmt, dann ist ihm nicht zu helfen“, sagte er. | |
| ## Verständnis für Boykott | |
| Der [4][niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel] (Grüne) äußerte | |
| Verständnis für den Boykott. „Ich kann die kritische Haltung verstehen und | |
| hätte mir eine frühere Beteiligung gewünscht“, sagte er der taz. | |
| Völlig ohne Umweltverbände musste die Anhörung allerdings nicht auskommen; | |
| die [5][Deutsche Umwelthilfe (DUH]), der [6][Naturschutzbund (Nabu)] und | |
| der [7][Deutsche Naturschutzring (DNR)] waren mit Rednern vertreten. | |
| DUH-Geschäftsführer Michael Spielmann betonte, man solle die Teilnahme | |
| „nicht missverstehen als Zustimmung zum Gesetzentwurf und zum Verfahren“. | |
| ## Mehr externe Experten | |
| Für den DNR forderte Geschäftsführer Helmut Röscheisen, die geplante | |
| Bund-Länder-Kommission nicht, wie bisher geplant, zur Hälfte mit | |
| Politikern, sondern mehr mit externen Experten zu besetzen. Zudem solle das | |
| neue Bundesinstitut, das die Endlagersuche koordinieren soll, erst nach | |
| Abschluss dieser Kommission eingerichtet werden. | |
| Ansonsten dominierten im ersten Diskussionsblock jene Stimmen, die einen | |
| Neustart der Endlagersuche gar nicht für notwendig halten. Die parteilose | |
| Bürgermeisterin des AKW-Standortes Biblis, Hildegard Cornelius-Gaus | |
| erklärte, bisher spreche nichts gegen den Endlager-Standort Gorleben. | |
| Auch Klaus-Jürgen Brammer von der [8][Gesellschaft für Nuklear-Service], | |
| die den AKW-Betreibern gehört, sagte, er sehe unter | |
| Sicherheitsgesichtspunkten „keinen Anlass für eine neue Standortsuche“. | |
| Altmaier hörte sich diese Statements etwas gequält an. Auch er hatte sich | |
| das Event offenbar anders vorgestellt. | |
| 31 May 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.bmu.de/themen/atomenergie-strahlenschutz/atomenergie-ver-und-ent… | |
| [2] http://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/atommuell_zwischen_endlager/ | |
| [3] http://www.ausgestrahlt.de/ | |
| [4] http://www.umwelt.niedersachsen.de/minister/umweltminister-stefan-wenzel-11… | |
| [5] http://www.duh.de/home.html | |
| [6] http://www.nabu.de/ | |
| [7] http://www.dnr.de/ | |
| [8] http://www.gns.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Malte Kreutzfeldt | |
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