| # taz.de -- Urteil zum Ehegattensplitting: Auch vor dem Finanzamt gleich | |
| > Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Lesben und Schwule werden | |
| > steuerlich gleichgestellt – wenn sie in einer | |
| > „Verantwortungsgemeinschaft“ leben. | |
| Bild: Jetzt stimmen auch die Steuern | |
| DÜSSELDORF taz | Der Ausschluss von Homo-Partnerschaften vom | |
| Ehegattensplitting ist verfassungswidrig. Das entschied der Zweite Senat | |
| des Bundesverfassungsgerichts in einem am Donnerstag veröffentlichten | |
| Beschluss. Diese Grundsatzentscheidung wurde seit Monaten erwartet. | |
| Beim Ehegattensplitting werden die Einkommen der Ehepartner zusammengezählt | |
| und dann halbiert. Das führt vor allem bei Alleinverdiener-Ehen zu großen | |
| Steuervorteilen von bis zu 15.000 Euro im Jahr, weil dadurch auf hohe | |
| Einkommen ein niedrigerer Steuersatz anzuwenden ist. Bundesweit erhalten | |
| Ehepaare mit ungleicher Einkommensverteilung Vorteile in Höhe von insgesamt | |
| rund 15 Milliarden Euro pro Jahr. Von diesem Steuersegen waren die 34.000 | |
| eingetragenen Homo-Partnerschaften bislang gesetzlich ausgeschlossen. | |
| Dagegen hatten ein verpartnertes schwules Paar aus Köln sowie zwei Männer | |
| aus Saarbrücken und Berlin, die ebenfalls in eingetragenen Partnerschaften | |
| leben, geklagt. Sie hatten jeweils bei ihrem Finanzamt beantragt, wie | |
| Ehegatten besteuert zu werden, was aber abgelehnt wurde. 2006 scheiterten | |
| ihre Klagen beim Bundesfinanzhof. Der Ausschluss der eingetragenen | |
| Partnerschaften vom Ehegattensplitting sei mit dem Grundgesetz vereinbar, | |
| hieß es unter Verweis auf Artikel 6, der eine „Förderung“ der Ehe vorsehe. | |
| Die Verfassungsbeschwerden hatten nun durchweg Erfolg. Die Pflicht, die Ehe | |
| gegenüber anderen Lebensformen zu fördern, beziehe sich vor allem auf | |
| weniger verbindliche Partnerschaften, wie nichteheliche | |
| Lebensgemeinschaften. Dagegen sei die seit 2001 bestehende eingetragene | |
| Partnerschaft von Homosexuellen auch eine „Verantwortungsgemeinschaft“, | |
| betonten die Verfassungsrichter. Die Förderung der Ehe könne nicht darin | |
| bestehen, andere Lebensformen zu diskriminieren, die auch „von | |
| wechselseitiger Pflichtbindung“, etwa im Unterhaltsrecht, geprägt sind. | |
| ## Gleiche Rechte für Regenbogenfamilien | |
| Auch familienpolitisch sei die Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen. | |
| Das Ehegattensplitting werde schließlich auch kinderlosen Ehen gewährt, | |
| während in eingetragenen Partnerschaften „zunehmend“ auch Kinder | |
| großgezogen würden. Tatsächlich registrierte die jüngste Volkszählung 5.700 | |
| Kinder, deren Eltern in eingetragenen Homo-Partnerschaften leben. Selbst | |
| die höhere Wahrscheinlichkeit, dass in einer Ehe Kinder leben, rechtfertige | |
| nicht die Exklusivität des Splittingvorteils, so die Richter. Allerdings | |
| komme das Ehegattensplitting in der Praxis vor allem Paaren mit Kindern | |
| zugute. | |
| 66 Prozent der Splittingvorteile gehen an Ehegatten mit | |
| kindergeldberechtigten Kindern. Weitere 25 Prozent der Steuervorteile | |
| erhalten Ehepaare mit Kindern, die aber altersbedingt nicht mehr von den | |
| Eltern unterhalten werden. Der geringere Kinderanteil in Homo-Ehen genüge | |
| dagegen nicht als Rechtfertigung für den Ausschluss vom Splitting, Denn | |
| dies „liefe auf eine mittelbare Diskriminierung gerade wegen der sexuellen | |
| Orientierung der Partner hinaus“, argumentieren die Verfassungsrichter um | |
| Präsident Andreas Voßkuhle. | |
| Beanstandet wurde die Rechtslage auch rückwirkend. Der Ausschluss vom | |
| Ehegattensplitting sei schon seit Einführung der eingetragenen | |
| Partnerschaft 2001 verfassungswidrig gewesen. Die Betroffenen können also | |
| zumindest dann eine Nachzahlung erwarten, wenn sie gegen ihre | |
| Steuerbescheide vorgegangen sind. Der Bundestag muss nun das | |
| Einkommensteuergesetz ändern. Eine Frist setzten die Richter nicht. | |
| Immerhin muss den Homo-Ehen „übergangsweise“ schon jetzt das | |
| Steuersplitting zugutekommen. | |
| ## Erst durch Nachbesserungen eheähnlich | |
| Die Entscheidung fiel mit sechs zu zwei Richterstimmen. Nur zwei der vier | |
| konservativen Richter lehnten die Homo-Klagen ab. Und auch diese beiden | |
| Richter, Herbert Landau und Sibylle Kessal-Wulf, kritisierten nur die | |
| Gleichstellung für die Jahre 2001 bis 2005. Nach ihrer Ansicht wurde die | |
| eingetragene Partnerschaft erst durch Nachbesserungen 2005 eheähnlich. | |
| Der jüngste Karlsruher Beschluss kommt nicht überraschend. Er steht in | |
| einer Reihe ähnlicher Entscheidungen zur Gleichstellung eingetragener | |
| Partnerschaften, etwa bei der Altersversorgung im öffentlichen Dienst | |
| (2009), bei der Erbschaftsteuer (2010) und im Beamtenrecht (2012). Anfang | |
| des Jahres hatte Karlsruhe auch die Adoptionsrechte von Homo-Ehen | |
| erweitert. Als Motor der Entwicklung agiert das Verfassungsgericht | |
| allerdings erst seit 2009. Bis dahin lehnte Karlsruhe Homo-Klagen auf | |
| Gleichstellung mit der Ehe ab. Rund um die Einführung des Gesetzes 2001 | |
| bestand sogar die Gefahr, dass die Richter die Homo-Ehe kippen könnten. | |
| 6 Jun 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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