# taz.de -- Die Unionsfraktion berät die Homo-Ehe: Eiliger Verfassungsgehorsam | |
> CDU und CSU wollen ein Gesetz zur steuerlichen Gleichbehandlung | |
> homosexueller Partnerschaften in den Bundestag einbringen – mehr aber | |
> auch nicht. | |
Bild: Volker Kauder passt inhaltlich die Meinung der Unionsfraktion an die Real… | |
BERLIN dpa/taz | Nach dem Urteil in Karlsruhe, der untersagt, Homoehen vom | |
Ehegattensplitting fernzuhalten, hat die Regierungspartei ihren Kurs | |
korrigiert und die Umsetzung der Regelung noch im Juni beschlossen. Die | |
schwarz-gelbe Koalition wird einen entsprechenden Gesetzentwurf am 14. Juni | |
in den Bundestag einbringen und am 28. Juni darüber endgültig abstimmen | |
lassen, teilte der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU) am Freitag nach | |
einer Sondersitzung der Unions-Abgeordneten im Bundestag mit. | |
So ist es schon in den vergangenen Tagen innerhalb der Unionsfraktion im | |
Bundestag verabredet worden – mit dem Spruch des Karlsruher | |
Verfassungsgerichts zur steuerlichen Gleichbehandlung Eingetragener | |
Lebenspartnerschaften (ELp) mit klassischen Ehen („Ehegattensplitting“) ist | |
es auch offiziell spruchreif geworden. | |
Die Entscheidung darüber fiel nach Fraktionsangaben mit großer Mehrheit bei | |
nur drei Nein-Stimmen und einer Enthaltung. Unter den Ablehnenden soll sich | |
nicht der CSU-Abgeordnete Norbert Geis, aber die hessische Rechtsaußen der | |
Fraktion, Vertriebenenverbandsfunktionärin Erika Steinbach befunden haben. | |
Offiziell hatte sich die Union gegen die steuerliche Gleichstellung von | |
schwulen oder lesbischen standesamtlich getrauten Paaren gesperrt. Doch | |
schon vor dem Verfassungsgerichtsurteil hatten Politiker wie Finanzminister | |
Wolfgang Schäuble angeregt, die Steuergesetzgebung im Sinne der Integration | |
homosexueller Paare zu entideologisieren: Er wollte, wie etwa auch Julia | |
Klöckner, Thomas Strobl oder Familienministerin Kristina Schröder (alle | |
CDU), dass seine Partei nicht stets nur den ihr nicht behagenden | |
Grundgesetzinterpretationen aus Karlsruhe hinterlaufen solle. | |
Mehr aber wird die Union – in den jüngsten Meinungsumfragen auf 42 Prozent | |
empor geklettert, ein starker Wert wie nie während der Kanzlerschaft Angela | |
Merkels – nicht im Sinne Gleichstellung Homosexueller unternehmen. Einen | |
Antrag der Opposition, wonach der Bundestag sich am besten sofort mit der | |
Gleichstellung von Homosexuellen befassen sollte, lehnte die Union ab. | |
## „Gesetzestechnischer Unsinn“ | |
Finanzminister Schäuble sagte nach Teilnehmerangaben in der Sondersitzung | |
seiner Fraktion, eine Behandlung dieses Antrags wäre „gesetzestechnischer | |
Unsinn“, da er das Urteil aus Karlsruhe noch nicht berücksichtige. Denn | |
danach müssten die Zahlungen an eingetragene Lebenspartnerschaften | |
rückwirkend bis 2001 erwähnt werden. Das sei in dem Antrag nicht enthalten. | |
Eine völlige Gleichberechtigung schwuler und lesbischer Paare bei der | |
Adoption lehnte Fraktionschef Kauder weiterhin entschieden ab. Hier stelle | |
sich in erster Linie die Frage des Kindeswohls und nicht der Wunsch von | |
Erwachsenen, sagte er. Die Umsetzung des kürzlich ergangenen Urteils des | |
Bundesverfassungsgerichts, wonach Homosexuelle die von ihren Partnern | |
adoptierten Kinder ebenfalls adoptieren dürfen, wird es Kauder zufolge vor | |
der Bundestagswahl im September nicht mehr geben. Hier seien schwierige | |
rechtliche Änderungen nötig, sagte er. | |
Er betonte, die Union werde sich weiter für den Schutz von Ehe und Familie, | |
wie er im Grundgesetz stehe, engagieren. Dazu solle in der nächsten | |
Wahlperiode die Rente älterer Mütter und der Kinderfreibetrag samt | |
Kindergeld erhöht werden. Kauder berichtete, er habe in der Sitzung unter | |
großem Beifall der Abgeordneten gesagt: „Für uns gibt es die Homoehe nicht. | |
Es gibt die Ehe und es gibt die gleichgeschlechtliche Partnerschaft.“ | |
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt zeigte sich verfassungsfügsam. | |
Dennoch: „Es steht jetzt nur das an, was das Bundesverfassungsgericht | |
entschieden hat – aber keine weiteren Schritte“, kommentierte er in der | |
Augsburger Allgemeinen. „Es gibt überhaupt keinen Grund, über das | |
Karlsruher Urteil noch hinauszugehen und etwa auch Adoptionen für | |
Lebenspartnerschaften freizugeben.“ | |
## Leutheusser-Schnarrenberger für völlige Gleichstellung | |
Anders hingegen der Unionskoalitionspartner FDP. Hier will Justizministerin | |
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die echte Gleichstellung: „Mein Modell | |
lautet: Überall, wo in Gesetzen von der Ehe die Rede ist, nehmen wir | |
einfach die Lebenspartnerschaft dazu“, teilte sie der Passauer Neuen Presse | |
mit. Und weiter, in starker Differenz zur Union: „Und dazu gehört auch die | |
gemeinsame Adoption, ohne Wenn und Aber.“ Eine Gleichstellung der Homoehe | |
mit der traditionellen Ehe nehme niemandem etwas weg: „Im Gegenteil: Die | |
eingetragene Partnerschaft ist eine Bereicherung für unsere moderne | |
Gesellschaft.“ | |
Tatsächlich wäre dies rechtlich möglich: In einem anderen Verfassungsurteil | |
aus Karlsruhe, das im Hinblick auf die Grundgesetzverträglichkeit der | |
Eingetragenen Lebenspartnerschaft schlechthin im Sommer des Jahres 2002 | |
erging, hieß es, wenn der Gesetzgeber dies wolle, könne er die „Ehen“ | |
Homosexueller vollständig denen von Heterosexuellen angleichen. | |
Der Fraktionschef der CDU in Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann, | |
appellierte an seine eigene Partei, in der Frage der Gleichstellung der | |
Homehe ohnehin „abzurüsten“. Die aktuelle Intervention der Grundgesetzhüt… | |
beschädige das System Ehegattensplitting nicht, sagte er gegenüber der | |
Neuen Westfälischen, nur weil künftig neben 13 Millionen Ehepaaren auch | |
20.000 Eingetragene Lebenspartnerschaften davon profitieren könnten. | |
7 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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