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# taz.de -- Finanzkrise in der Volksrepublik: Panik in Chinas Banken
> Rekordhohe Zinsen, Kreditklemme und Unruhen am Geldmarkt: Auch in China
> wächst die Angst vor einer Finanzkrise. Die Turbulenzen sind gewollt.
Bild: Erwischt: Auch Chinas Banken stecken in der Krise.
PEKING taz | Heftige Turbulenzen an den Finanzmärkten kennen chinesische
Banker vor allem aus New York, London und Hongkong. Auf den Finanzplätzen
in der Volksrepublik bricht eher selten Panik aus. Das Auf und Ab der
Aktienkurse an den eigenen Börsen ist für die meisten chinesischen Anleger
eher ein Spiel vergleichbar mit einem Casino. Den Banken hingegen wird
weitgehend vertraut – steht hinter ihnen doch ein mächtiger und reicher
Staat, der im Notfall immer eingreifen würde. So ist es zumindest bislang
meist gewesen.
Doch seit einigen Tagen wächst auch in China die Furcht vor einem
Banken-Crash. Seit Donnerstag kursieren Berichte, dass Chinas Banken das
Geld ausgeht. Zwischenzeitlich hieß es sogar, die Industrial and Commercial
Bank of China (ICBC) sowie die Bank of China – zwei der größten Banken der
Welt – seien komplett zahlungsunfähig. Sie dementierten zwar sofort.
Dennoch löste diese Meldung unter den Bankern Panik aus.
Die Zinsen im Interbanken-Geschäft kletterten kurzfristig mit 25 Prozent
auf ein so hohes Niveau, wie es ihn seit der Lehman-Pleite 2008 nicht
gegeben hat. Das heißt: Die Banken leihen sich gegenseitig kein Geld mehr
und es droht eine Kreditklemme. Schon seit einiger Zeit gibt es
Befürchtungen, Chinas Staatsunternehmen und Kommunen könnten es in den
vergangenen Jahren mit ihren Investitionen übertrieben und die Banken allzu
leichtfertig Kredite vergeben haben.
Zur Ankurbelung der Konjunktur hatte die chinesische Führung als Folge der
Weltwirtschaftskrise 2009 den Geldhahn kräftig aufgedreht und ihnen
gestattet, massiv in die Infrastruktur und den Wohnungsbau zu investieren.
Das hat zwar Chinas hohe Wachstumsraten stabil gehalten. Doch viele
Bauprojekte entpuppen sich als Fehlinvestition. Das exzessive
Kreditwachstum hat gewaltige Überkapazitäten geschaffen und vor allem den
Immobiliensektor aufgebläht.
## Schuldenstand schoss in die Höhe
Zugleich ist der Schuldenstand der meisten Kommunen massiv in die Höhe
geschossen. Mit der seit Anfang März neu amtierenden Führung um
Premierminister Li Keqiang weht jedoch ein anderer Wind. Die ihm
unterstellte Zentralbank hat seitdem bereits mehrfach angekündigt, das
rasante Kreditwachstum im Land bremsen zu wollen, sollten die Banken nicht
von selbst ihre Schuldenlast reduzieren. Die Drohung der Zentralbank zeigte
jedoch nur wenig Wirkung. Denn die Banken konnten sich auch bislang darauf
verlassen, dass die Zentralbank im Notfall schon einspringen würde.
Diese Ignoranz will die Zentralbank nun offensichtlich nicht mehr auf sich
sitzen lassen. Als einige Banken Anfang der Woche wiederholt
Liquiditätsengpässe beklagten und die Zentralbank um Hilfe baten, öffnete
sie den Geldhahn nicht. Ganz im Gegenteil: Sie verknappte die Geldmenge und
teilte den Geldhäusern mit, sie sollten sich künftig nicht mehr auf üppige
Liquiditätszuflüsse verlassen.
## Die Bevölkerung reagiert gelassen
Seitdem herrscht bei den Banken Panik. Nach einem zwischenzeitlichen
Redkordhoch von 25 Prozent auf Zinsen für kurzfristige Notkredite, fiel die
Marke am Freitag zwar wieder unter zehn Prozent und pendelte sich
schließlich bei 8,39 Prozent ein. Das ist aber immer noch mehr als doppelt
so hoch wie bislang.
Ein Banken-Crash vergleichbar mit der Lehman-Pleite droht in China aber
dennoch nicht. „Der Liquiditätsengpass ist von oben gewollt“, vermutet die
australische Bank Westpac. Sie sollen dazu dienen, die Banken zu
disziplinieren. Zu einem systemgefährdenden Zusammenbruch werde sie es
nicht kommen lassen. Das weiß offenbar auch die Bevölkerung. Sie reagiert
bislang gelassen auf die Turbulenzen im Bankensektor und ein Massenansturm
auf die Bankautomaten ist bislang ebenfalls ausgeblieben.
21 Jun 2013
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
Schwerpunkt Finanzkrise
China
Kredite
Finanzmarkt
Geldpolitik
Banken
Arbeitskampf
Wirtschaft
Goldman Sachs
Euro
Deutsche Bank
Gerechtigkeit
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