| # taz.de -- Homotaz Freundschaft: Ein Fest der Liebe | |
| > Heiraten war immer spießig und heterosexuell. Doch dann änderte eine | |
| > besondere Liebe zu einer Frau alles. Das Protokoll einer Ehe. | |
| Bild: Nichts ist dann mehr, wie es mal war | |
| Keine Koketterie, ehrlich: Ich habe nie davon geträumt, zu heiraten. Nicht | |
| in meiner Barbie-Puppen-Phase. Auch nicht später, in den „Grease“-Monaten, | |
| als ich sein wollte wie John Travolta. Heiraten war im frühen | |
| Erwachsenwerden spießig, schwäbisch, kleinbürgerlich. Später dann, als ich | |
| wusste, dass ich Frauen liebte, unerreichbare Heterosexualität. No-Go. | |
| Theoretisch natürlich ein Recht, für das ich kämpfte. Aber keines, das ich | |
| für mich persönlich erstreiten wollte. | |
| Wie gut, dass es Umstände waren, die mich letztlich in eine homosexuelle | |
| Muss-Ehe zwangen. Ein Geschenk – und voller Wunder. Meine Frau ist | |
| Amerikanerin. Wir haben uns in Harvard kennengelernt. Und unsere gesamten | |
| Lebensenttäuschungen einfach tot ignoriert, die Schleusen geöffnet, uns | |
| ineinander verliebt. Allen Widrigkeiten zum Trotz. Freundinnen und Freunde | |
| stöhnten, schon wieder eine Fernbeziehung. | |
| Und dann kamen wir irgendwann zurück aus einem Türkei-Urlaub. Und sie wäre | |
| fast aus dem Transitbereich des Flughafens Tegel nicht heraus- und wieder | |
| nach Deutschland hineingekommen. Weil irgendwelche Stempel im blauen | |
| US-Pass fehlten. Helle Aufregung, Konsulat, Rechtsanwälte, alle Hebel in | |
| Bewegung gesetzt – Glück gehabt. | |
| Und die Einsicht gewonnen, dass es Mist ist, nein, dass es irgendwo tief | |
| drinnen richtig wehtut, wenn die Geliebte kein Recht darauf hat, in meiner | |
| Heimat bei mir zu sein, so lange und wann immer wir das wollen. Die | |
| Recherchen waren schnell gemacht: Für Homos gilt in diesem Fall dasselbe | |
| wie für Heteros: Ehepartner dürfen bleiben. Egal woher sie kommen. | |
| ## Wenn schon feiern, dann richtig | |
| Die Ursprungsidee, einfach nur aufs Standesamt zu gehen und die notwendigen | |
| Stempel zu kaufen, war schnell verworfen. Wäre doch eine Gelegenheit, | |
| unsere FreundInnen und Familien miteinander bekannt zu machen. Endlich. Und | |
| wenn dann schon so viele kommen, dann doch auch ein Fest, und wenn schon | |
| Fest, dann Klärchens Ballhaus, im Herzen Berlins. Eine historische Stätte | |
| der Begegnung, in allem gepflegt-inszenierten Verfallen perfekt. | |
| Standesamt zunächst im ganz kleinen Rahmen. In Berlin-Mitte. Mit einer | |
| Beamtin, die in aller Zugewandtheit vor allem eines zelebrierte: die | |
| Normalität des Verwaltungsaktes. In ihrer professionellen Sachlichkeit die | |
| Kernaussage: Ihr seid einzigartig, wunderbar, genau wie der Mann und die | |
| Frau, die im direkten Anschluss kommen. Weitere Tränen also bitte in der | |
| Halle vor dem Trauzimmer. | |
| Dazwischen Sekt und Häppchen. | |
| Dann der Ballsaal. | |
| Ich habe mir wohl nie erlaubt, mir vorzustellen, was das bedeutet, wenn | |
| deine besten FreundInnen aus Schulzeiten und die später Dazugekommenen, | |
| wenn Vater, Mutter, Brüder und Nichten sich festlich aufgeputzt im Kreis | |
| zusammenfinden. Welche Woge des Getragenseins und Ernstgenommenwerdens eine | |
| durchfließt, die ihre Liebe zu einer Frau feiern lässt. Seit diesem | |
| Freitagnachmittag ist nichts mehr, wie es war. | |
| ## Beschützen, stützen, lieben | |
| Mein Leben ist reicher geworden. Das hat viel mit meiner Partnerin und der | |
| Sicherheit des Lebensbunds zu tun. Aber nie hätte ich gedacht, wie wichtig | |
| es mir sein würde, diese tiefe Wertschätzung, diese in Jahrhunderten | |
| eingeübte ritualisierte Anerkennung zu erleben. Das Versprechen von | |
| FreundInnen und Familie, meine Partnerschaft zu tragen. Und zu beschützen, | |
| zu stützen und zu lieben. | |
| Gewusst habe ich das von meinen Freunden und Freundinnen immer. Aber an | |
| diesem Freitag wurde etwas angerührt, wo mein Verstand nicht hinreicht. Ich | |
| habe mich an diesem sommerhellen Tag nicht nur meiner Frau versprochen, | |
| sondern bin auch einen Bund mit allen Anwesenden eingegangen. Nichts mehr | |
| ist so, wie es davor war. Mein Hochzeitstag – für immer ein Fest der Liebe | |
| und Freundschaft. | |
| 4 Jul 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Ines Pohl | |
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