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# taz.de -- Kommentar Spionage: Merkels Affäre
> Zurecht wird auf die Verantwortung von Rot-Grün für die Aushöhlung von
> Freiheitsrechten hingewiesen. Doch entlastet diese Vergangenheit Merkel
> nicht.
Bild: Übergabe im Kanzleramt: Durch das Händeklatschen wird die Abhöranlage …
Erinnert sich noch jemand an die Kurnaz-Affäre? Damals, im Jahr 2006,
suchten ehemalige rot-grüne Kabinettsmitglieder ähnlich hilflos nach
Ausflüchten, wie es heute schwarz-gelbe Minister tun. Rot-Grün bekleckerte
sich nicht mit Ruhm, als es darum ging, dem Guantánamo-Häftling Murat
Kurnaz in Deutschland Zuflucht zu gewähren.
SPD und Grüne stellten Sicherheitsinteressen vor Freiheitsrechte, pochten
auf die Staatsräson und traten gegenüber den USA ängstlich auf. So wie
Merkels Regierung heute.
Insofern stimmt der Vorwurf, den manche Linke und Koalitionäre jetzt SPD
und Grünen machen: Deren Entrüstung über die Desinformationspolitik der
Bundesregierung in der Geheimdienstaffäre hat etwas Scheinheiliges.
Schließlich wirkte Rot-Grün nach den Terroranschlägen des 11. September
aktiv daran mit, mehr Überwachung zuzulassen. Gerhard Schröder, Joschka
Fischer und Co. waren sich auch nicht zu fein, schmutzige Infos zu nutzen.
SPD und Grüne täten deshalb gut daran, ihren Dauerton lautstarker Empörung
etwas herunterzuregeln. Politische Demenz ist peinlich, wenn eigene Fehler
allen anderen noch gut in Erinnerung sind. Und zur Schau gestellter
Moralismus fällt in der Politik meist auf den zurück, der sich damit
schmücken will.
Allerdings ist auch etwas anderes wahr: Hinweise auf die rot-grüne
Regierungszeit und das Insiderwissen von Exkanzleramtschefs Frank-Walter
Steinmeier taugen nicht, um SPD und Grünen eine Mitschuld an der aktuellen
Überwachungsaffäre zuzuschieben.
Erstens liegt ihre Amtsverantwortung acht Jahre zurück. In dieser Zeit
haben sich die technischen Möglichkeiten der Kommunikation und ihrer
Überwachung rasant entwickelt. Zweitens hat Rot-Grün zwar geholfen, dem
Staat mehr Überwachung zu erlauben. Doch Unions-Innenminister waren in
dieser Disziplin um Klassen besser. Und vor allem: Es ist die Aufgabe der
jeweils amtierenden Regierung, ihre Bürger vor Straftaten – und nichts
anderes sind die Lauschangriffe – zu schützen.
Die Versuche von Merkels Kabinett, dies jetzt wenigstens nachzuholen, muten
bisher bestürzend hilflos an. Auch deshalb geht die Kritik an rot-grüner
Scheinheiligkeit am Kern der Angelegenheit vorbei. Diese Affäre ist Merkels
Affäre. Und sie wird es bleiben.
17 Jul 2013
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## TAGS
Rot-Grün
Gerhard Schröder
Frank-Walter Steinmeier
Schwerpunkt Angela Merkel
Murat Kurnaz
Prism
Schwerpunkt Überwachung
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Hans-Peter Friedrich
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