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# taz.de -- Schikanen in der Fastfood-Branche: Blutig bis halbgar
> Die neuen Besitzer von Burger King drangsalieren Mitarbeiter und wollen
> Betriebsräte vertreiben. Bislang scheiterten sie aber vor den Gerichten.
Bild: Schön fett – anders als die Gehälter bei Burger King.
DORTMUND taz | Die Stimmung der oft prekär beschäftigten MitarbeiterInnen
in der Burger-King-Filiale in Dortmund-Kley hätte schlechter nicht sein
können: „Die Beschäftigten haben Angst. Wir wissen nicht, wie es mit uns
weitergehen soll“, klagte Anfang Mai Gökmen Y., Betriebsratsvorsitzender
der Filiale, die zwischen Ikea, Real und einem Küchenstudio im Gewerbepark
eingezwängt ist.
Heute bleibt Gökmen Y. stumm. Der alleinerziehende Vater eines elfjährigen
Sohns bangt um seinen Job, der ihm trotz einer 39-Stunden-Woche gerade
1.200 Euro netto einbringt. Nicht einmal seinen vollen Namen will er noch
in der Zeitung sehen – potenzielle neue Arbeitgeber könnten ihn wegen
seines Einsatzes für Arbeitnehmerrechte bei Bewerbungen aussieben, fürchtet
er.
Denn sein Arbeitgeber, die Burger King GmbH mit Sitz im niedersächsischen
Stade, droht dem 39-Jährigen mit fristloser Kündigung: Angeblich soll sich
Gökmen Y. eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschlichen haben, lautet
der Vorwurf der Arbeitgeberseite.
Dabei führt die Burger King GmbH seit Anfang Mai offenbar einen
regelrechten Krieg gegen die eigenen MitarbeiterInnen. Am 2. Mai hat die
Yi-Ko Holding, ein Joint Venture des aus Stade stammenden Managers Ergün
Yildiz und des russischen Geschäftsmanns Alexander Kolobov, die GmbH
übernommen.
Deutschlandweit gehören dazu 91 Burgerbrätereien mit mehr als 3.000
Beschäftigten. Zuvor hatte die amerikanische Konzernmutter Burger King
Worldwide die 91 Filialen betrieben. Doch offenbar liefen die Geschäfte
schlecht: Hauptkonkurrent McDonald’s kommt bei vielen Fastfood-Freunden
besser an.
## Personalkosten um jeden Preis drücken
Besonders der als Chief Executive Officer (CEO) und General Manager
firmierende Yildiz scheint den Laden über eine massive Senkung der
Lohnkosten sanieren zu wollen. „Yildiz hat ein Ziel“, sagt Manfred Sträter
von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Dortmund, „die
Personalkosten zu drücken.“
Direkt nach der Übernahme habe Yildiz verkünden lassen, keine Tariflöhne
mehr zahlen zu wollen, erinnert sich Sträter – dabei liegen die bei maximal
8,55 Euro. Die Yi-Ko-Holding wollte dagegen nur noch zwischen 6,50 und 7,50
Euro zahlen. „Außerdem sollten sämtliche Mitbestimmungsrechte des
Betriebsrats, etwa bei der Dienstplanaufstellung und der Urlaubsplanung,
wegfallen“, ärgert sich Gewerkschaftssekretär Sträter.
Doch die Anwälte der Yi-Ko-Holding scheiterten vor den Arbeitsgerichten:
Betriebsräte und Gewerkschaft erwirkten einstweilige Verfügungen, nach
denen Yildiz nicht einseitig kündigen darf. Jeder neue Verstoß hätten den
Geschäftsmann 10.000 Euro gekostet – dabei sollen die Gerichtsverfahren die
Kasse der Yi-Ko-Holding schon bis zu 180.000 Euro gekostet haben. Auch
künftig werde nach Tarif bezahlt, versprach Yildiz deshalb Mitte Juni.
## Einsatz eines „Betriebsratskiller“
Er scheint aber auf die Einschüchterung der Betriebsräte zu setzen:
Engagiert hat Yildiz den gefürchteten Arbeitsrechtler Helmut Naujocks, der
sich einen Namen als „Betriebsratskiller“ gemacht hat. Der Anwalt soll
angeblich immer nach der gleichen Strategie vorgehen: „Erst wird versucht,
die Betriebsratsangehörigen durch falsche Vorwürfe innerhalb der
Belegschaft zu isolieren“, beschreibt Christina Frank von der Gewerkschaft
Ver.di die Naujocks-Strategie des Gewerkschaftszerschlagens.
„Dann folgt eine ganze Serie von Abmahnungen und Kündigungen der
Arbeitnehmervertreter. Dann kommen Schadenersatzklagen wegen vorgeblicher
Vergehen – teilweise in Millionenhöhe“, sagt Gewerkschafterin Frank. Ihr
Fazit: „Naujocks entsorgt illegal eigentlich unkündbare
Arbeitnehmervertreter. Das ist sein Geschäftsmodell.“
Erwischt hat es auch den Dortmunder Betriebsratsvorsitzenden Gökmen Y. Der
könne gar nicht krank gewesen sein, argumentiert Naujocks in einem
Schreiben an das Dortmunder Arbeitsgericht, das der taz vorliegt.
Schließlich sei die Vorgesetzte von Gökmen Y. beim selben Arzt gewesen –
und sei krank geschrieben worden, obwohl sie gesund gewesen sei,
argumentiert Naujocks.
## Kein Einzelfall
Dabei ist Gökmen Y. kein Einzelfall: Auch in Augsburg, Gießen und Bochum
geht die Yi-Ko-Holding mit heftigen Vorwürfen gegen Betriebsräte vor – sie
sollen Geld unterschlagen, Lohn erschlichen oder Schichtleiter bedroht
haben. „Vor der Übernahme gab es solche Fälle nicht“, sagt Gewerkschafter
Sträter dazu.
Yildiz selbst will von alledem nichts wissen. Zwischen seiner Firma und den
Betriebsräten „gibt es gar keine Auseinandersetzung“, sagt er am Telefon
zunächst. „Ich weiß von nichts, das machen meine Anwälte“, lacht er dann.
Weitere Fragen beantworte Naujocks – doch war der bis Redaktionsschluss
nicht erreichbar in Terminen verschwunden.
Dass der im Kündigungsverfahren gegen Gökmen Y. ursprünglich für den
heutigen Mittwoch angesetzte Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Dortmund
verschoben wurde, weiß Yildiz dann aber doch. Angeregt hat die Verschiebung
Rechtsanwalt Naujocks: Angeblich gebe es Vergleichsverhandlungen zwischen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Einziges Problem: Gökmen Y. weiß davon
nichts, ebenso wenig die NGG.
24 Jul 2013
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Fastfood
Burger King
Löhne
Dortmund
Arbeitnehmerrechte
Burger King
Streik
Mexiko
Arbeitskampf
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Bratwurst
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