# taz.de -- Kommentar Freilassung von Mollath: Ein politisches Urteil | |
> Die Entscheidung, den Fall Gustl Mollath neu aufzurollen, ist für Bayerns | |
> Regierung praktisch. Das Thema wird so aus dem Wahlkampf gehalten. | |
Bild: Moralischer Sieger: Gustl Mollath. | |
So schnell kann die bayerische Justiz arbeiten – und dabei alle Beteiligten | |
glücklich machen. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat jetzt die | |
Wiederaufnahme im Fall Gustl Mollath und seine sofortige Freilassung aus | |
der Psychiatrie angeordnet, nur zwei Wochen nachdem das Landgericht | |
Regensburg die Wiederaufnahme abgelehnt hatte. | |
Für die bayerische Landesregierung ist der Beschluss äußerst praktisch, | |
weil damit der mutmaßliche Justizirrtum weitgehend aus dem | |
Landtagswahlkampf herausgehalten wird. Bayerns Justizministerin Beate Merk | |
(CSU) muss sich nun nicht mehr ständig für die vermeintlichen Fehler ihrer | |
Justiz rechtfertigen. | |
Auch die bayerische Justiz kann zufrieden sein. Die Wiederaufnahme wurde | |
mit einem Nebenaspekt begründet: einem Attest, das vom falschen Arzt | |
stammte. Die Rechtsbeugungsvorwürfe gegen das Landgericht Nürnberg bleiben | |
damit offen und ungeklärt. | |
Stattdessen sieht es nun so aus, als habe die bayerische Justiz doch noch | |
ihre bisherigen Fehler selbst korrigiert. Dabei kam man aber nur einer | |
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zuvor, das vermutlich in wenigen | |
Wochen die Fortdauer der Psychiatrie-Unterbringung von Mollath als schlecht | |
begründet und unverhältnismäßig beanstandet hätte. | |
Auch Gustl Mollath selbst dürfte zufrieden sein. Immerhin kann er nach | |
langen sieben Jahren endlich die Psychiatrie verlassen. Auch wenn das | |
Oberlandesgericht in Nürnberg seinen Vorwürfen nur in einem Randaspekt | |
stattgegeben hat, ist er doch der moralische Sieger des Tages. | |
## Lehren aus dem Fall Mollath | |
Der ursprüngliche Vorwurf, hier werde ein Kritiker von | |
Schwarzgeldgeschäften gezielt psychiatrisiert, hat sich bisher allerdings | |
noch nicht bestätigt. Mollath ist nicht „der Mann, der zu viel wusste“, wie | |
nun ein Buchtitel nahelegt. Vielmehr ist es wohl eher umgekehrt. Weil | |
Mollath so schnell für irre erklärt wurde, hat die bayerische Justiz seine | |
Schwarzgeldvorwürfe von vornherein nicht ernst genommen und als | |
Phantastereien abgetan. | |
Als Lehre aus dem Fall Mollath muss daher vor allem über einen besseren | |
Schutz gegen vorschnelle Psychiatrisierung und übertriebene | |
Gefahrenprognosen diskutiert werden. | |
Denn mit großer Wahrscheinlichkeit ist der freigelassene Franke nämlich | |
kein Einzelfall. | |
6 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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