# taz.de -- Bericht des Innenministeriums: Nebensache Korruptionsprävention | |
> Ein interner Bericht zeigt: Das Bundeskanzleramt vernachlässigt die | |
> Korruptionsvermeidung. Und verstößt damit gegen eine Richlinie der | |
> Regierung. | |
Bild: Korruption? Hier? Niemals! | |
BERLIN taz | Eine Richtlinie der Bundesregierung zur Korruptionsvermeidung | |
soll dazu beitragen, dass Fälle von Korruption gar nicht erst geschehen. | |
Eigentlich. Doch die Regierung setzt [1][ihre Richtlinie aus dem Jahr 2004] | |
nur teilweise um. Dies geht aus einem bislang unveröffentlichten Bericht | |
des Innenministeriums zur Korruptionsprävention für das Jahr 2012 hervor, | |
der der taz vorliegt. | |
Besonders schlecht schneidet das Bundeskanzleramt ab. Es ist eine von nur | |
zwei obersten Bundesbehörden, die auch nach neun Jahren Gültigkeit der | |
Richtlinie immer noch nicht erhoben haben, welche ihrer Arbeitsgebiete | |
korruptionsgefährdet sind. | |
Die Opposition wirft Kanzlerin Merkel vor, zu wenig gegen Korruption zu | |
tun. „Sie will anscheinend nicht zweifelsfrei klären, ob politische | |
Entscheidungen unter Schwarz-Gelb käuflich sind“, sagt Sven-Christian | |
Kindler, Obmann der Grünen im zuständigen Rechnungsprüfungsausschuss. „Kein | |
Wunder. Die Merkel-Regierung ist in den letzten vier Jahren immer wieder | |
durch Filz und Lobbyismus negativ aufgefallen“, sagt Kindler. | |
Gisela Rüß von Transparency International Deutschland bezeichnet die | |
Fortschrittsberichte des Innenministeriums als einen „Witz“, denn auch der | |
Rest der Regierung scheint die Sache nicht sehr ernst zu nehmen: „Wenn man | |
die Berichte der vergangenen Jahre vergleicht, sind sie großteils | |
wortidentisch. Sogar das Fazit ist identisch“, so Rüß. | |
Von den 22 obersten Bundesbehörden hat neben dem Kanzleramt noch das | |
Bundespräsidialamt keine vollständige Analyse vorgenommen – die Spitzen als | |
schlechtes Vorbild. „Während bei einigen obersten Bundesbehörden noch die | |
Beendigung der Ersterhebung aller Arbeitsgebiete aussteht, haben andere | |
bereits die zweite vollständige Erhebung durchgeführt“, fasst das | |
Innenministerium auf Seite 20 des Berichts zusammen. Es ist dieselbe | |
Formulierung wie im Vorjahr. | |
## Lange Liste von Vorwürfen | |
Jedes Ministerium hat eine Ansprechperson für Korruptionsprävention | |
ernannt. Die Leitung des Kanzleramts hatte aber laut dem Bericht im Jahr | |
2012 keinen Kontakt mit ihrem Korruptionsbeauftragten – wie übrigens schon | |
in den vergangenen Jahren. | |
Außer im Kanzleramt gab es auch beim Wirtschaftsministerium, dem | |
Umweltministerium sowie dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft | |
und Verbraucherschutz im Jahr 2012 keinen Kontakt zwischen der Hausleitung | |
und dem zuständigen Ansprechpartner für Korruptionsprävention, obwohl unter | |
der Obhut dieser Häuser wirtschaftlich sehr relevante Entscheidungen | |
getroffen werden. | |
Der Bericht zeigt auch, dass im vergangenen Jahr zwölf Ermittlungsverfahren | |
im Zusammenhang mit Korruption eingeleitet wurden. An den Vertretungen des | |
Auswärtigen Amtes in Iran und Nigeria gab es zwei Verfahren zur unsauberen | |
Visumvergabe. Drei Ministerien meldeten Verfahren aus ihren nachgeordneten | |
Behörden: das Ministerium für Arbeit und Soziales vier, das Verkehrs- und | |
das Verteidigungsministerium jeweils drei. Die Liste der Vorwürfe: | |
Bestechlichkeit, Vorteilsannahme, wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen und | |
Untreue. | |
10 Aug 2013 | |
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[1] /korruptionsbericht | |
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Andreas Maisch | |
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