# taz.de -- Bundesministerien laden das Volk ein: Mehr Flops als in der Musik | |
> Kurz vor der Wahl wirbt die schwarz-gelbe Bundesregierung noch einmal für | |
> sich. Beim Tag der offenen Tür gaben sich die Minister volksnah. | |
Bild: Hier hängt Merkel noch nicht. Foyer des Bundeskanzleramts | |
BERLIN taz | Vicky Leandros liebt die Freiheit. Das zumindest singt sie in | |
ihrem Hit „Ich bin“. Vielleicht erklärt das ihre Motivation, dem liberalen | |
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler ein Konzert zu geben. Ihr Auftritt | |
im Wirtschaftsministerium war einer von über 600 bunten Programmpunkten des | |
Tages der offenen Bundesregierung an diesem Wochenende. | |
Vier Wochen vor der Wahl gab sich die aktuelle Bundesregierung mit offenen | |
Büros, Ausstellungen und Podiumsdiskussionen volksnah und wahlkämpferisch. | |
Fast 70.000 Menschen besuchten bereits am Samstag die 14 geöffneten | |
Ministerien. Für das ganze Wochenende rechnet das Bundespresseamt mit etwa | |
125.000 Besuchern, so viele wie im vergangenen Jahr. | |
Die aktuellen MinisterInnen ließen die Gelegenheit nicht aus, um kurz vor | |
der Wahl noch einmal für sich selbst und ihre politische Funktion zu | |
werben. So ließ es Rösler beim lockeren Bühnentalk mit Schlagersängerin | |
Leandros nicht aus, sich als Förderer des Kulturbetriebs zu präsentieren: | |
„Mit einem Umsatz von 143 Milliarden Euro, 240.000 Unternehmen und einer | |
Million Beschäftigten hat der Kunst- und Kulturbetrieb eine immense | |
ökonomische Bedeutung“. | |
Es sei wichtig, Kunst und Kultur zu fördern. Auf die Frage des Moderators, | |
ob es in der Musik oder in der Politik schwieriger sei ,antwortete die | |
Musikerin und ehemalige Politikerin Leandros: „Es ist wohl schwieriger in | |
der Politik den richtigen Ton zu treffen als in der Musik.“ Außerdem gebe | |
es dort mehr Flops, so Leandros. | |
## „Jetzt müssen Sie nur noch das Richtige wählen“ | |
In der Bundespressekonferenz stellte sich Innenminister Hans-Peter | |
Friedrich diesmal nicht den Fragen von Journalisten, sondern denen von | |
Besuchern, unter denen auch viele Kinder und Jugendliche zu Gast waren. | |
„Sonst höre ich immer, was Journalisten wollen, nun höre ich, was die Leute | |
wollen“, sagte er am Rande der Veranstaltung. | |
Die Themen blieben indes die gleichen. Das Publikum im prall gefüllten Saal | |
stellte Fragen zur Flüchtlingspolitik, der Rolle der Geheimdienste sowie | |
zum Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses. Friedrich räumte | |
ein, dass es zwischen den Stellen der inneren Sicherheit nicht immer ohne | |
Probleme vonstatten gehe. | |
Er verteidigte die Arbeit der US-amerikanischen und deutschen Geheimdienste | |
und ließ die Gelegenheit nicht aus, um gegen die Opposition und für seine | |
Partei Stellung zu beziehen. „Wir müssen unsere Soldaten in Afghanistan, | |
die übrigens von Rot-Grün dorthin geschickt worden sind, schützen“, so | |
Friedrich. Er habe eine ganze Liste von Vorschlägen zur Innenpolitik, die | |
in den Koalitionsverhandlungen nach der Wahl behandelt werden sollten. | |
„Jetzt müssen Sie nur noch das Richtige wählen“, sagte er lachend dem | |
Publikum. Das Innenministerium konnte nicht mit einem Schlagerstar | |
aufwarten, sondern ließ den Vorsitzenden vom Musikkorps der Polizei | |
beschallen. | |
## Am Sonntag auch Merkel am Start | |
Neben der ernsten Politik setzte man auch im Bundesjustizministerium auf | |
Untermalung durch Unterhaltung. Zwischen aufklärenden Stellwänden über | |
Datenschutz konnten Kinder sich an Kletterwänden und Maltischen von der | |
hohen Politik erholen. Amtschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nutzte | |
die lockere Atmosphäre indes, um für die Gleichstellung von Homosexuellen | |
zu werben. Gemeinsam mit der Europäischen Agentur für Menschenrechte | |
erörtete sie eine Studie über die europaweite Diskriminierung von Lesben, | |
Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGTB). | |
Sie verwies darauf, dass jede Koalition in der neuen Legislaturperiode | |
nicht darum herum käme, sich mit dem Adoptionsrecht für | |
gleichgeschlechtliche Paare zu befassen. „Wir müssen in Gesellschaft und | |
Politik noch einiges leisten“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger zur | |
Diskriminierung. Anschließend diskutierte sie mit Schülern über | |
Datenschutz. | |
Am Sonntag stellen sich auch Angela Merkel, Verteidigungsminister Thomas de | |
Maziere und Außenminister Guido Westerwelle der Öffentlichkeit. Der Tag | |
findet zum 15. Mal statt. | |
25 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Anna Kusserow | |
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