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# taz.de -- Diskriminierende US-Polizei: Die Falschen werden kontrolliert
> Die New Yorker Polizei stoppt überdurchschnittlich häufig Afroamerikaner
> und Hispanics. Das ist verfassungswidrig, urteilt ein Gericht. Der
> Bürgermeister ist sauer.
Bild: Haben nicht den allerbesten Ruf: Polizisten in New York
BERLIN taz | Eine Bundesrichterin in New York hat am Montag ein Gesetz für
verfassungswidrig erklärt, das es der New Yorker Polizei erlaubt, auf
bloßen Verdacht hin jede Person anzuhalten und zu durchsuchen. Nach
Durchsicht der vergangenen neun Jahre Polizeipraxis mit diesem so genannten
„Stop and Frisk“-Gesetz stellte die Richterin fest, dass es sowohl gegen
den 4. als auch den 14. Verfassungszusatz verstoße. Diese regeln den Schutz
der Privatsphäre vor staatlichen Durchsuchungen ohne hinreichenden Verdacht
und den Gleichbehandlungsgrundsatz.
4,4 Millionen Mal waren New Yorker BürgerInnen in diesem Zeitraum von der
Polizei angehalten worden. In mehr als der Hälfte der Fälle wurden sie auch
durchsucht. 84 Prozent der Angehaltenen waren Afroamerikaner oder
Hispanics. Nur in knapp zehn Prozent aller Fälle kam es zu Anzeigen oder
Festnahmen.
Polizeichef Ray Kelly und Bürgermeister Michael Bloomberg argumentierten im
Gericht und in New Yorker Medien damit, dass die Kriminalitätsrate unter
Afroamerikaner und Hispanics eben auch um einiges höher sei – die Polizei
müsse schon „die Richtigen“ kontrollieren.
Dagegen Richterin Shira Schindlein: Wenn in 90 Prozent der Fälle offenbar
gesetzestreue Bürger kontrolliert würden, unter ihnen aber der Anteil an
Afroamerikaner und Hispanics so viel höher sei als deren Anteil an der
Gesamtbevölkerung, dann handele es sich hier offenbar um eine Form
indirekten „racial profilings“, also des Verdächtigens aufgrund der
Hautfarbe.
Bloomberg kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Erstens
bestehe die New Yorker Polizei selbst zum größten Teil aus Afroamerikaner
und Hispanics, zweitens habe er „racial profiling“ schon vor Jahren
verboten. „Stop and Frisk“ sei ein gewichtiger Teil jener erfolgreichen
Sicherheitspolitik, mit der New York heute zu einer der sichersten Städte
der USA geworden sei.
## Kamerapflicht für Polizisten
Die Richterin verbot die Anwendung des Gesetzes nicht, wies die Polizei
aber an, Reformen der Praxis zu erarbeiten: In einigen Bezirken will sie
die Polizisten verpflichten, Kameras zu tragen, die die Art der Kontrolle
auf Video festhalten. Und sie bestimmte den angesehenen Strafverfolger
Peter Zimroth, 70, die Reformen zu überwachen. Zimroth versicherte, mit den
Behörden engstens zusammenzuarbeiten, um effektive Strafverfolgung und die
Auflagen des Gerichts zusammenzubringen.
Politisch ist das Urteil umstritten. Am 5. November wird in New York ein
neuer Bürgermeister gewählt. AmtsinhaberBloomberg, ein Medienunternehmer,
darf nicht mehr antreten, in den Parteien laufen noch die Vorwahlen.
Während alle demokratischen Kandidaten die Entscheidung der Richterin
begrüßten, wiesen die meisten Republikaner sie zurück. Die konservative
Murdoch-Zeitung New York Post geißelte das Urteil als realitätsferne
Political Correctness, die in Zukunft Menschenleben kosten werde.
Tatsächlich war es nicht das erste Mal, dass „Stop and Frisk“ zu
Gerichtsverfahren führte – und New York ist auch nicht die einzige Stadt,
in der ähnliche Vorschriften gelten. Der Oberste Gerichtshof der USA hatte
1968 entschieden, dass die Polizei eine Person anhalten und kurzzeitig
festnehmen dürfe, wenn die Beamten den begründeten Verdacht hätten, dass
die Person ein Verbrechen begangen habe, gerade begehe oder begehen wolle.
Daraus leiten die Befürworter die Legitimität solcher Gesetze wie „Stop and
Frisk“ ab. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das Gesetz noch einmal vor
dem Obersten Gerichtshof landet.
13 Aug 2013
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
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