| # taz.de -- Auslandsüberwachung des BND: Grundgesetz gilt auch im Ausland | |
| > Wenn der Bundesnachrichtendienst Menschen in Afghanistan abhört, ist das | |
| > verfassungswidrig, sagt der Frankfurter Richter Bertold Huber. | |
| Bild: Zum Schutz deutscher Soldaten kann das Abhören von Telefonaten sinnvoll … | |
| BERLIN taz | Die Abhöraktivitäten des Bundesnachrichtendiensts (BND) in | |
| Afghanistan sind verfassungswidrig. Zu diesem Schluss kommt der Frankfurter | |
| Richter Bertold Huber in einem Aufsatz, der demnächst in der Neuen | |
| Juristischen Wochenschrift erscheint. Huber ist seit 1997 Mitglied der | |
| G-10-Kommission des Bundestags und damit an der Genehmigung von | |
| Abhörmaßnahmen der deutschen Geheimdienste beteiligt. | |
| Jeden Monat gibt der BND mehr als 500 Millionen Daten aus der | |
| Telekommunikationsüberwachung an den US-Dienst NSA weiter. Wie man | |
| inzwischen weiß, handelt es sich dabei um Daten, die vom BND im Nahen | |
| Osten, Nordafrika und Afghanistan gesammelt wurden. | |
| Bisher ist diese Auslandsüberwachung des BND ein schwarzes Loch des | |
| Rechtsstaats. Weder die Erfassung noch die Weitergabe dieser Daten ist im | |
| G-10-Gesetz geregelt. Auch die G-10-Kommission muss weder informiert werden | |
| noch zustimmen. Der BND hat bei der Auslandsaufklärung daher weitgehend | |
| freie Hand. | |
| Nach Hubers Analyse findet die Auslandsüberwachung allerdings „außerhalb | |
| des verfassungsrechtlich zulässigen Rahmens“ statt. „Das Briefgeheimnis | |
| sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich“, heißt es in | |
| Artikel 10 des Grundgesetzes. Das Fernmeldegeheimnis stehe laut Grundgesetz | |
| also nicht nur Deutschen in Deutschland zu, betont Huber. | |
| Damit gilt die Fernmeldefreiheit also auch für Afghanen, die von der | |
| deutschen Staatsgewalt in Afghanistan abgehört werden. Und erst recht gilt | |
| das Grundrecht, wenn der Telefonverkehr in Nordafrika vom bayerischen Bad | |
| Aibling aus erfasst wird. | |
| ## Ausländer gelten dem BND als vogelfrei | |
| Doch sieht man das in der Bundesregierung genauso? „Sachverhalte, denen | |
| Anknüpfungspunkte zur Bundesrepublik fehlen, da insbesondere keine | |
| deutschen Staatsangehörigen betroffen sind, unterfallen nach Auffassung der | |
| Bundesregierung nicht dem Geltungsbereich des Art. 10 des Grundgesetzes“, | |
| so ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage der taz. | |
| Nach Auffassung der Bundesregierung gilt für den BND also das Gleiche, was | |
| uns an den USA so stört: Nur die eigenen Staatsbürger seien grundrechtlich | |
| vor zu viel Überwachung geschützt, Ausländer im Ausland hält man für mehr | |
| oder weniger vogelfrei. | |
| Dies kritisiert auch Konstantin von Notz, der Datenschutzexperte der | |
| Grünen. „Wenn wir Ausländer im Ausland zum Freiwild erklären, ist das mit | |
| dem Grundgesetz und den Menschenrechten nicht vereinbar“, sagte er zur taz. | |
| „Dann würden wir genau jene Totalerfassung samt Ringtausch ermöglichen, der | |
| von den Diensten zur Aushebelung der jeweiligen nationalen Schutzregelungen | |
| betrieben werden könnte.“ | |
| Bertold Huber ist nicht grundsätzlich gegen eine deutsche Überwachung von | |
| Telefonaten und E-Mails in Afghanistan. Zum Schutz der dort stationierten | |
| Bundeswehr könne dies durchaus geboten sein. | |
| Aber wenn in ein Grundrecht eingegriffen werde, dann müsse zuvor ein | |
| transparentes Gesetz die Voraussetzungen regeln. Und die Einhaltung der | |
| Regeln müsse rechtstaatlich kontrolliert werden, etwa durch die | |
| G-10-Kommission. Diese Mindeststandards seien nicht eingehalten. | |
| 18 Aug 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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