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# taz.de -- Weniger Rechte von Fluggästen: Die Bahn entschädigt besser
> Die EU-Kommission will die Rechte von Fluggästen verschlechtern. Die
> Bundesregierung findet das offenbar okay, Verbraucherschützer nicht.
Bild: Sie wollen aussteigen? Sie warten doch erst seit drei Stunden auf dem Rol…
BERLIN taz | Wer stundenlang auf einen Flug warten muss, bekommt nach dem
Willen der EU-Kommission künftig seltener eine Entschädigung. Der Entwurf
einer EU-Verordnung sieht vor, dass Airlines bei Langstreckenflügen erst ab
zwölf Stunden Verspätung zahlen müssen.
Laut dem Reiserechtsportal Flightright haben bisher 1,3 Millionen Deutsche
pro Jahr Schadensersatzansprüche wegen verspäteter oder ausgefallener
Flüge. Durch die neue Regelung würden bis zu 70 Prozent von ihnen leer
ausgehen.
Verbraucherschützer und Grüne sind empört. Sie fordern, sich an einem
Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu orientieren, nach dem schon nach
drei Stunden Entschädigungen fällig sind. „Der Vorschlag der Kommission
sieht den Profit der Airlines als oberste Maxime“, sagt Michael Cramer. Der
Verkehrsexperte sitzt für die Grünen im EU-Parlament. „Das Interesse der
Gäste scheint dabei keine Rolle zu spielen“, sagt er.
Die Bundesregierung hat den Entwurf bereits gebilligt, wie aus der Antwort
auf eine Kleine Anfrage der Grünen von Anfang August hervorgeht. Das
kritisieren die Grünen scharf. „Natürlich kommt der Entwurf aus Brüssel“,
sagt Cramer. Dennoch hätte die Bundesregierung aus seiner Sicht von Anfang
an Widerstand dagegen leisten müssen. „Aber Ramsauer hat sich auf die Seite
der Airlines gestellt.“
## Fünf Stunden im Flugzeug
Die Rechte von Fluggästen sind in der Europäischen Union durch eine
Verordnung von 2004 geregelt. Bei Verspätungen nach einer bestimmten Zeit
besteht demnach Anspruch auf Essen, Getränke und gegebenenfalls eine
Übernachtung. Fällt ein Flug aus, müssen Entschädigungen bis zu 600 Euro
gezahlt werden.
Stimmen das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten dem neuen Vorschlag zu,
müssen Fluggäste mindestens fünf Stunden Verspätung ohne Entschädigung
hinnehmen, bisher waren es drei. Bei Flugdistanzen von mehr als 3.500
Kilometern sollen es neun Stunden sein.
Wer weiter als 6.000 Kilometer fliegt, müsste sogar zwölf Stunden warten.
„Wir fordern Entschädigungen ab einer Verspätung von drei Stunden“, sagt
Otmar Lell vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. „Unabhängig von der
Distanz.“
Dabei folge er der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Niedrige
Schwellen für Zahlungen, so Lell, führten zu verlässlicheren Flugplänen.
Die vorgeschlagenen Änderungen eröffneten Airlines die Möglichkeit,
systematisch Flüge kurzfristig zu verschieben – ungestraft.
## Am Bahnverkehr orientieren
Auch andere Leistungen würden durch die geplante Regelung eingeschränkt:
Nur drei Nächte sollen Airlines gestrandete Passagiere unterbringen müssen.
Erst nach fünf Stunden sollen Passagiere ein Flugzeug verlassen dürfen,
wenn es auf dem Rollfeld zu Verspätungen kommt.
Grünen-Politiker Cramer kritisiert außerdem, dass der Entwurf kein Wort zur
angemessenen Behandlung behinderter Passagiere verliere. Insgesamt solle
sich der Flugverkehr an den EU-Regelungen zum Bahnverkehr orientieren: Dort
bekommen Kunden bereits ab einer Stunde Verspätung einen Teil des
Fahrpreises zurück.
28 Aug 2013
## AUTOREN
Jakob Struller
## TAGS
Verbraucherschutz
EU-Kommission
Bundesregierung
Internet
Bahn
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Deutsche Bahn
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Berlin
Beschwerdestelle
Lufthansa
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