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# taz.de -- Streit um Park in Kreuzberg: Fluchtpunkt Görlitzer Park
> Anwohner klagen, die Polizei fährt Razzien: Die Zahl der Dealer im
> Görlitzer Park steigt. Es sind Flüchtlinge aus Afrika, junge Männer wie
> Ibrahim aus Mali.
Bild: Vor den Mauern des Görlitzer Parks, Anfang August: Demo gegen mutmaßlic…
Ibrahim kennt Daniel Okine nicht. Noch nicht. Wenn Okine auch ihn
ansprechen und fragen wird, was er gerade am meisten braucht, was wird er
da antworten? Ibrahim zögert nicht lange. „Einen Job“, sagt der junge
Malier. Und welchen? Er schaut fragend. „Egal, einen Job, irgendeinen.“
Ibrahim jobbt derzeit im Görlitzer Park. Von seinem Arbeitsplatz aus kann
er weit auf das struppige Gras des Kreuzberger Parks blicken, auf die
plaudernden Menschengrüppchen, die Frisbeespieler, die Spaziergänger und
Radfahrer. „Marihuana?“, fragt Ibrahim diejenigen, die an ihm vorbeilaufen.
Es klingt freundlich, er lächelt dabei. Manchmal formt er seine Finger, als
ziehe er an einem Joint. Die Fußgänger aber blicken zu Boden, gehen weiter.
Es läuft nicht gut an diesem Nachmittag.
Ibrahim sieht jung aus, auf seinen Augen liegt ein glasiger Schleier. Er
trägt die Haare kurz, eine Trainingsjacke und eine zu große Armbanduhr. So
wie viele hier. Anders als sie wirkt er fast schüchtern. Doch als ihn ein
Mitstreiter anblafft, schimpft Ibrahim lautstark zurück. Wer im Görlitzer
Park arbeitet, kann sich keine Schüchternheit erlauben.
Seit sechs Monaten ist Ibrahim im Park. Er ist damit Teil einer Debatte
geworden, die seit Wochen um den Görli tobt. Als „Drogenumschlagplatz“
tituliert ihn die Boulevardpresse. Bis zu 100 Dealer, sagt die Polizei,
hielten sich täglich im Park auf. Tendenz steigend.
Innensenator Frank Henkel, der CDU-Mann, versprach mehr Polizeipräsenz. Das
Bezirksparlament beriet am Mittwoch über einen Coffeeshop, in dem legal
Cannabis verkauft werden könnte. Die lokale CDU fordert einen Zaun, der
nachts abgeschlossen wird. Und das Bezirksamt setzt nun auf Sozialarbeiter.
Auf Daniel Okine und sein Team.
Ausgerechnet in Kreuzberg wird ein Park zum umkämpften Platz. Im
Alternativbezirk, der sich stets größtmögliche Toleranz attestiert. Selbst
liberale Anwohner klagen nun über die Masse an Dealern, über belagerte
Parkeingänge, das aggressive Bewerben der Drogen. Viele tun es mit einem
mulmigen Gefühl. Sie wissen, dass die, die sie kritisieren, nicht herkamen,
um am Ende im Görli zu dealen. Und doch klagen sie: wegen der Kinder, wegen
des gefühlt so unsicheren Parks.
Die Gegenseite steht sofort parat: Als Gentrifizierer schmähen sie die
Sorgenträger. Mit einer Kundgebung demonstrierten Linke für die Dealer und
gegen „rassistische Polizeikontrollen“. Neben dem Park brannten vier Autos.
Als Zeichen gegen den „rassistischen Bürgermob“, wie es im
Bekennerschreiben hieß.
Der Görlitzer Park, eine Toleranzprobe. Für diejenigen, über die jetzt alle
reden, ist der Park aber mehr. Er ist letzter Zufluchtsort, ist
Existenzgrundlage. Nur redet bisher niemand mit ihnen.
Das ist auch nicht einfach. „Paparazzi? Oh no, no!“, sagt ein Afrikaner,
der zuvor von einer Bank aus um Kunden warb. Er scheucht den Journalisten
davon. Ein Mann aus Angola erzählt, er lebe im „Heim“ in Dessau, sei nur
heute hier und warte auf seine Freundin. Ein anderer Afrikaner am anderen
Ende des Parks erzählt genau die gleiche Geschichte. Tage später sind beide
wieder da.
Bei der Polizei heißt es, die Dealer seien fast ausnahmslos Afrikaner, fast
alle in Asylverfahren oder in Duldung.
Die Fortsetzung dieses Textes und Informationen über ähnliche Lagen und
deren Lösung im Weinbergspark in Mitte lesen Sie auf drei Seiten im
Berlin-Teil in der Wochenend-Ausgabe der taz. Im Abo erhältlich - oder an
Ihrem Kiosk.
30 Aug 2013
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Görlitzer Park
Berlin-Kreuzberg
Marihuana
Cannabis
Coffeeshop
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Streitfrage
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Berlin
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