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# taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Die Prohibitionspolitik ist gescheitert“
> Deutschland braucht Coffeeshops, findet die grüne Bürgermeisterin Monika
> Herrmann. Das sei ein falsches Signal, meint die Drogenbeauftrage.
Bild: Das Bedürfnis nach Rausch könne man nicht verbieten, nur kriminalisiere…
„Mit der Einführung von Coffeeshops wollen wir dem Gesetz tatsächlich
genüge tun“, sagt die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg
in Berlin, Monika Herrmann (Grüne), im aktuellen sonntaz-Streit. In ihrem
Bezirk liegt der Görlitzer Park, der als Verkaufsstelle für Drogen bekannt
es, worum es zuletzt heftige Diskussionen gegeben hatte – und unter anderem
[1][//www.taz.de/Drogen-im-Goerli/!120448/:den Vorschlag von Herrmanns
Amtsvorgänger Franz Schulz], die Situation mit einem legalen Coffeeshop zu
entschärfen.
„Wir können weder die Abgabe steuern noch den Gesundheits- und vor allem
nicht den Jugendschutz gewähren, wenn wir den Verkauf dem Schwarzmarkt
überlassen“, so Herrmann. Cannabis sei längst eine Alltagsdroge, meint
Herrmann, der einzige Unterschied zu Alkohol und Tabak: Es ist verboten und
steuerfrei.
Mechthild Dyckmans (FDP), die Drogenbeauftragte der Bundesregierung,
widerspricht: „Die gesundheitlichen Gefahren durch häufigen Cannabiskonsum
sind nicht zu unterschätzen. Das bestätigen aktuelle Studienergebnisse und
die vielen Menschen, die sich wegen Cannabis in Behandlung begeben.“
Deshalb findet sie: „Die Einführung von Coffeeshops würde das völlig
falsche Signal an Jugendliche senden, dass Cannabisprodukte unbedenklich
seien.“
Auch Katharina Oguntoye, die das interkulturelle Netzwerk Joliba in Berlin
leitet, glaubt, ein Coffeeshop am Görlitzer Park würde die dramatische
Situation nicht entschärfen. „Die Ursache für die steigende Zahl der
Afrikaner im Park, einige davon sind Dealer, andere aber auch nicht, ist
die Politik gegenüber Flüchtlingen und Migranten.“ Sinnvoll seien hingegen
Unterstützungsangebote, damit sich die Flüchtlinge in ihrer neuen
Lebensumwelt zurechtfinden.
taz-Leserin Sarah Bothe, die seit einem Jahr in Maastricht lebt, schreibt:
„Die Prohibition wurde getestet und wieder abgeschafft, man könnte ja den
Versuch starten, daraus zu lernen.“ Trotz der Legalisierung von Cannabis
seien die Niederlande nicht voller Barbaren, sie könnten vielmehr als
Vorbild dienen. Um einen „Kifftourismus“ in Berlin zu unterbinden, schlägt
taz-Leser Felix Walter vor, nur volljährigen, in Berlin gemeldeten Bürgern
zu erlauben, in den Shops legal einzukaufen und bis zu 10 g
Cannabisprodukte zu besitzen.
## „Rausch ist von jeher Bestandteil in jeder Kultur“
Auch Rolf Ebbinghaus vom Hanfmuseum in Berlin ist für eine Einführung von
Coffeeshops. Er erinnert daran, dass Coffeeshops bereits Teil der Weisung
des Bundesverfassungsgerichts von 1994 waren. Er findet, dass zumindest
Berlin den Mut haben sollte, „entgegen aller Schmuddelkampagnen der
Boulevard-Medien, endlich dem BVerfG zu folgen und tausenden von Menschen
den ungerechten Verfolgungsdruck zu nehmen“.
„Rausch ist von jeher Bestandteil in jeder Kultur und erfüllt grundlegende,
soziale Funktionen. Das Bedürfnis nach Rausch kann man nicht verbieten, nur
kriminalisieren“, meint der Sprecher der Piratenfraktion von
Friedrichshain-Kreuzberg Ralf Gerlich. Er plädiert für Coffeeshops: „Heute
lassen wir alle alleine. Anwohner an Drogenumschlagplätzen mit aggressiven
Dealern, Eltern in Sorge um ihre Kinder, Strafverfolger mit unsinniger
Konsumentenverfolgung und Konsumenten mit ungesicherter Ware.“
Astrid Leicht, die geschäftsführende Projektleitung von Fixpunkt e. V.,
findet, dass die drei Milliarden Euro im Jahr, die in die deutsche
drogenbezogene Strafverfolgung und Verbrechensbekämpfung gesteckt werden,
keine spürbare Auswirkung auf die Verfügbarkeit von Drogen haben. Das Geld
fehle beim Gesundheitsschutz, der Drogenhilfe und Suchtprävention. Ihr sei
klar, dass eine staatliche Regulierung des Drogenhandels nicht alle
Probleme löse, aber: „Die Prohibitionspolitik ist gescheitert.“
Die sonntaz-Frage beantworten außerdem die Soziologin und Drogenforscherin
Gundula Barsch, der Vorsitzende der Maastrichter Coffeeshop-Vereinigung
Marc Josemans, der Leiter des Berliner Projekts „Unser Görli – einer für
alle“ Andreas Teuchert, der Polizeipräsident von Münster Hubert Wimber und
der User „cannabaer“ als Gast auf taz.de – in der aktuellen sonntaz von
24./25. August.
24 Aug 2013
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## AUTOREN
Leyla Dere
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Streitfrage
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