# taz.de -- Der sonntaz-Streit: Braucht Deutschland Coffeeshops? | |
> Die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg will das Drogenproblem | |
> im Görlitzer Park bekämpfen. Sind Coffeeshops die Lösung? | |
Bild: Darf's noch etwas mehr sein? Coffeeshop in den Niederlanden. | |
Berlin hat ein Drogenproblem. Im Görlitzer Park in Kreuzberg wird massiv | |
gedealt und konsumiert, fast wöchentlich gibt es Polizeirazzien, fast immer | |
kommt es dabei zu Festnahmen. Im Internet empfehlen Touristen den Park | |
Neu-Berlinern als Anlaufstelle, um einfach an Drogen zu kommen. | |
Oft kommt es hier auch zu Gewalt: Zwischen den Dealern und zwischen ihnen | |
und ihren Kunden. Bürgerinitiativen wollen den Park zurückerobern und auch | |
die Politik will jetzt aktiv werden: Die neue Bezirksbürgermeisterin von | |
Friedrichshain-Kreuzberg hat Anfang August vorgeschlagen, dass Marihuana in | |
einem Coffeeshop statt wie bisher von Dealern verkauft werden soll. | |
In den Niederlanden gibt es solche Coffeeshops bereits seit Jahren. Um die | |
Polizei zu entlasten, wird dort seit 1976 zwischen harten und weichen | |
Drogen unterschieden, zwischen Heroin und Haschisch; LSD und Marihuana. | |
Eigentlich sind per Gesetz Besitz, Handel, Verkauf und Produktion von | |
Drogen jeglicher Art verboten und strafbar, in der Praxis werden sie von | |
Staatsanwaltschaft und Polizei aber in Grenzen toleriert. | |
Die Coffeeshoppraxis verstößt allerdings gegen das Schengener Abkommen, in | |
dem sich die Länder verpflichten, die illegale Ausfuhr von | |
Betäubungsmitteln – Cannabis eingeschlossen – und den Verkauf | |
strafrechtlich zu unterbinden. Eine Kommission kam zu dem Ergebnis, dass | |
die niederländische Drogenpolitik in vielen Punkten gescheitert ist: Der | |
Schutz von Kindern Jugendlichen sei nicht gewährleistet, die Coffeeshops | |
seien viel größer und kommerzieller als geplant und belieferten in großem | |
Umfang den ausländischen Markt. | |
Trotzdem gibt es einen Trend hin zur Legalisierung von Marihuana: Das | |
Parlament in Uruguay stimmte der Legalisierung von Marihuana am 1. August | |
diesen Jahres zu. Auch in den US-Bundesstaaten Colorado und Washington | |
wurde das Kiffen im vergangenen Jahr per Volksentscheid zur legalen Praxis | |
gewählt. | |
Für viele Bürger waren die Steuereinnahmen, die der Staat durch den Verkauf | |
von Cannabis macht, ein Argument, um für die Legalisierung zu stimmen: „Wir | |
finden es toll, dass das Geld in die Schulen gesteckt wird. Aber es ist | |
schon ein bisschen bizarr, wenn es heißt, dass wir Drogen legalisieren, | |
damit die Schulen bezahlt werden können”, sagt Erika Russel, Mutter einer | |
Tochter. | |
## „Cannabis nur gegen Rezept“ | |
In Deutschland dürfen Menschen eine geringe Menge an Cannabis besitzen, | |
diese aber nicht verkaufen oder damit handeln. Der Polizeipräsident von | |
Münster sprach sich kürzlich für einen staatlich kontrollierten Verkauf von | |
Marihuana aus, das Gesundheitsministerium äußerte sich dagegen kritisch zur | |
Einfühung von Coffeeshops: „Wenn Cannabis als Medikament verkauft wird, | |
dann mit einem Rezept in der Apotheke“, sagte eine Sprecherin. | |
Der staatlich kontrollierte Verkauf wirft aber auch ganz andere Fragen auf: | |
„Welche Einkommensquellen suchen sich Menschen, die unter Arbeitsverbot und | |
Residenzpflicht leiden, dann?“, gibt Andreas Teuchert vom Projekt „Unser | |
Görli – einer für alle“ zu bedenken. | |
Was würde sich mit der Einführung von Coffeeshops ändern? Würde das | |
repressive Vorgehen gegen den Drogenhandel beendet, weil Konsumenten von | |
Marihuana nicht länger bei Dealern kaufen müssen? Oder würden diese sich | |
dann einfach auf härtere Drogen spezialisieren und das Problem bliebe | |
bestehen? Entzieht man den Dealern mit Coffeeshops ihre Lebensgrundlage? | |
Und was ist mit dem Kinder-und Jugendschutz? | |
Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten | |
Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom | |
24./25. August. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen. Oder | |
schicken Sie uns bis Mittwoch, 21. August, eine Mail mit Name, Foto und | |
Alter an: [email protected] | |
20 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Laura Hofmann | |
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