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# taz.de -- Drogenrazzien im Görlitzer Park: Protest gegen Polizeirassismus
> Gut 100 Menschen demonstrieren gegen rassistisch motivierte Kontrollen im
> Görlitzer Park. Die Beamten weisen das zurück.
Bild: Protestierender am Görlitzer Park
„Es gibt hier kein Sicherheitsproblem“, ruft Hassan ins Mikrofon. „Es gibt
ein Problem mit der Polizei!“ Die Menge applaudiert laut. „Fuck the
police!“, ruft eine Frau. Die steht gleich daneben: Mehrere Beamte halten
die Kundgebung im Blick, betont unbeteiligt.
Gut hundert Demonstranten sind am Donnerstagabend zum Görlitzer Park nach
Kreuzberg gekommen, Eingang Falkensteinstraße. Dort, wo Besuchern oft ein
fragendes „Gras?“ angetragen wird. Dort, wo die Polizei zuletzt fast
täglich Razzien durchführte. Mehr als 60 waren es seit Jahresbeginn, auch
kurz vor dem Protest war die Polizei noch aktiv: Mit 80 Beamten hat sie 20
Personen überprüft und zwei Männer festgenommen, denen sie Drogendealerei
vorwirft.
Die Demonstranten kritisieren genau diese Kontrollen. Immer wieder würden
unbeteiligte schwarze Menschen von Polizisten durchsucht, teils rabiat zu
Boden geworfen, klagt Biplab Basu von der Kampagne für Opfer rassistischer
Polizeigewalt, die zu der Kundgebung gerufen hatte. Wie „abgerichtete
Kampfhunde“ gingen die Beamten vor, kritisiert eine Rednerin. „Das ist
gefährlich für die Flüchtlinge und für uns alle.“ Man ist sich einig: Die
Polizeikontrollen im Görli sind rassistisch.
Auch Flüchtlinge vom Protestcamp auf dem Oranienplatz und Parkbesucher sind
da. Der Staat sei schuld an den Drogengeschäften, sagt Turgay Ulu vom Camp
– schließlich verbiete er Flüchtlingen zu arbeiten. Eine schwarze Frau
schnappt sich das Mikro. Die Polizei habe ihren Grill beschlagnahmt, klagt
sie. „Gebt ihn zurück!“ Applaus.
Die Kundgebung ist der Versuch einer Gegenoffensive: Zuvor dominierten
Parkbesucher den Diskurs mit Klagen über die Dealer. Medien sprangen auf,
Innensenator Frank Henkel (CDU) versprach mehr Polizei. Von Seiten des
Bezirks wurde ein Coffeeshop vorgeschlagen, in dem legal Drogen erworben
werden könnten. Und Autonome reagierten mit Brandanschlägen auf vier neben
dem Park geparkte Autos, die sie dem „rassistischen Bürgermob“ zurechneten.
Auch auf der Kundgebung widersprechen immer wieder Anwohner. „Mir ist egal,
wer hier dealt“, sagt ein junger Vater. „Aber ich will meine Kinder sicher
durch den Park schicken können.“ Als ein Mann sich mitten in die Kundgebung
stellt und sagt, er wolle mehr Polizei, „damit wir hier ruhig leben
können“, schallen ihm „Nazi“-Rufe entgegen. Beamte müssen ihn aus dem
Protestrund eskortieren.
Ein Polizeisprecher streitet Rassismus ab: „Das hat keine Basis.“
Kontrolliert werde nicht nach Ethnie, sondern nach „szenetypischem“
Verhalten. Redner auf der Kundgebung zählen dagegen bundesweite Fälle von
„Polizeischikanen“ auf. Um die Ecke fliegen derweil Frisbees, werden Drogen
verkauft und konsumiert, eine Jazzband spielt.
Görli, wie immer.
2 Aug 2013
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Görlitzer Park
Coffeeshop
Görlitzer Park
Streitfrage
Streitfrage
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Berlin
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