# taz.de -- Krisenstaaten in Europa: Deutsche wollen kleinere Eurozone | |
> Eine Umfrage zeigt, dass sich die meisten Deutschen für eine andere | |
> Eurozone aussprechen. Das aber wäre viel teurer als die Rettung der | |
> Währung. | |
Bild: Luft raus. Die Mehrheit der Deutschen wollen wohl ein schmaleres Europa. | |
BERLIN taz | Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich laut einer Umfrage | |
eine kleinere Eurozone. 55 Prozent seien dafür, den Euro zwar zu behalten, | |
die Währung aber nur noch mit einer „kleineren Anzahl von gleichgesinnten | |
Ländern“ zu teilen. Das ergibt eine Erhebung des | |
Meinungsforschungsinstituts YouGov, die die neoliberale Denkfabrik [1][Open | |
Europe Berlin] am Dienstag veröffentlicht hat. | |
Ende vergangenen Jahres sprachen sich laut ZDF-„Politbarometer“ nur etwa 45 | |
Prozent dafür aus, dass Griechenland den Euroraum verlässt, bei anderen | |
Krisenstaaten waren die Werte noch deutlich geringer. | |
„Mich überrascht dieses Ergebnis nicht“, sagte Rudolf Hickel, | |
Wirtschaftswissenschaftler am Institut für Arbeit und Wirtschaft in Bremen. | |
„Denn die Rettungspolitik der Bundesregierung ist ein einziges | |
Durchwurschteln.“ | |
Es werde einfach nicht richtig kommuniziert, wie der Euro stabilisiert | |
werden soll und warum. „Die absurde Diskussion über neue Kredite für | |
Griechenland und andere Staaten schürt jetzt wieder massiv Ängste.“ | |
## Skepsis gegenüber der Krisenhilfe | |
Tatsächlich zeichnet sich ab, dass neue Hilfspakete für Griechenland, | |
Irland und Portugal nötig sind. Das Handelsblatt berichtet aus EU-Kreisen, | |
dass Irland ein „Sicherheitsnetz“ benötige, wenn es sich ab Januar 2014 | |
wieder an den Finanzmärkten finanziere. Auch das laufende Hilfsprogramm für | |
Portugal in Höhe von 78 Milliarden Euro endet Mitte nächsten Jahres. | |
Portugals Ministerpräsident Pedro Passos Coelho sprach am vergangenen | |
Wochenende bereits davon, dass weitere Kredite für sein Land nötig werden | |
könnten. | |
Solche Meldungen sind vielen Deutschen offenbar zunehmend ein Dorn im Auge: | |
Der Umfrage zufolge sind 52 Prozent skeptisch, was weitere Kredite an | |
Krisenstaaten angeht. Nur 29 Prozent der Deutschen sind demnach für | |
Transferzahlungen und einen gemeinsamen Haushalt der Euroländer. | |
Für Forscher Hickel zeigen die Zahlen, wie wenig die Befragten darüber | |
nachdenken, welche Folgen die Erfüllung ihrer Wünsche hätte. „Wenn der | |
Euroraum auf eine Kernzone verkleinert würde, wäre der Euro so nicht mehr | |
haltbar“, sagt er. „Griechenland würde auf Dauer zu einem Armutsstaat | |
werden.“ | |
## Unwissen über Konsequenzen eines Austritts | |
Tatsächlich stimmen laut Umfrage 51 Prozent der Deutschen der Aussage | |
„Scheitert der Euro, scheitert Europa“ zu. Und komplett abschaffen wollen | |
den Euro nur 30 Prozent. Dass aber schon der Austritt einzelner Länder zu | |
großen Verwerfungen in der gesamten Eurozone führen könnten, wüssten viele | |
Menschen einfach nicht, so Hickel. | |
Sein Kollege Marcel Fratzscher, Vorsitzender des Deutschen Instituts für | |
Wirtschaftsforschung (DIW), bestätigt das: „Natürlich kommen durch die | |
Rettung Kosten auf Deutschland zu“, sagt er. Doch daraus zu schließen, die | |
Eurozone zu verkleinern, sei falsch. In den ausgetretenen Länder entstünden | |
schwere Krisen. „Ohne die Rettung werden die Kosten noch viel höher.“ | |
Tatsächlich wären deutsche Arbeitsplätze gefährdet, weil der Wechselkurs | |
zwischen Euro und den neuen Landeswährungen so stark steigen würde, dass | |
deutsche Produkte sehr teuer würden. | |
3 Sep 2013 | |
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[1] http://blog.openeuropeberlin.de/2013/09/was-wollen-die-deutschen-mehrheit.h… | |
## AUTOREN | |
Jakob Struller | |
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