# taz.de -- Digitale Warnsysteme im Syrienkrieg: Mit Apps einfach sicherer | |
> Die Auseinandersetzungen in Syrien weiten sich schon länger auf den | |
> Libanon aus. Die Libanesen verteidigen sich mit Apps. | |
Bild: Wo brennt's denn? Die Libanesen fragen die Crowd | |
BERLIN taz | Versperrte Straßen sind nervig, sind sie aber solche mit | |
brennenden Reifen und Schießereien, wird es lebensgefährlich. Als Mohammad | |
Taha in Beirut einen Freund vor Gefahren warnen wollte, kam ihm eine Idee: | |
Eine App, die alle Meldungen bündelt. | |
„//play.google.com/store/apps/details?id=com.larochesoft.ma2too3a&hl=de:ma2 | |
too3a“ heißt seine Anwendung („Mir fehlt was“), mittlerweile auf Platz d… | |
der libanesischen iTunes App-Hitliste, noch vor dem Sender Al Jazeera. Sie | |
hat keinen geringeren Anspruch, als den, Leben zu retten. | |
Der Nutzer wählt, welche Infos er bekommt: Verkehrsmeldungen, Proteste, | |
Polizeipräsenz oder bewaffnete Auseinandersetzungen. Jeder kann schreiben, | |
wo, zu welcher Zeit, was passiert. Das Team prüft die Information dank | |
eigener Kontakte und Quellen, dann wird sie über die App verbreitet. | |
Eine ähnliche Applikation gibt es schon in Ägypten. | |
„//play.google.com/store/apps/details?id=com.bey2ollak:Bey2ollak“ war | |
gedacht für harmlose Meldungen über Staus und Straßensperrungen in Kairo | |
und Alexandria. Mit der Arabellion und den Aufständen in Ägypten lieferte | |
die App dann Echtzeit-Informationen über Krawalle und Ausschreitungen. | |
Jetzt sollen auch libanesische Apps vor Ausschreitungen warnen – gerade | |
auch vor dem Hintergrund der Konflikte in Syrien, die sich auf den Libanon | |
ausweiten. | |
## Für Besucher unbrauchbar | |
Per Push-Funktion bekommt der Nutzer alle gefährlichen Stellen auf einer | |
Landkarte angezeigt. Statt über Nachrichtenseiten die aktuelle Lage | |
einschätzen zu müssen, kommen Infos gebündelt auf's Handy – inklusive | |
Distanzangabe und Symbol, um welche Art von Gefahr es sich handelt. | |
Für Touristen ist die App aber keine große Hilfe. Sie ist zwar in | |
englischer Sprache, die Hinweise auf Gefahren sind aber meist von | |
Einheimischen auf Arabisch. | |
Das libanesische Militär hat Wind von dem Hype bekommen und auf „Mir fehlt | |
was“ reagiert. Es hat eine eigene App erstellt, die „LAF (Lebanese Armed | |
Forces) Shield application“. Das Militär sendet eigene Warnungen vor | |
Militäraktionen; außerdem eine Liste mit gesuchten und gekidnappten | |
Personen. So bekommt die LAF Hinweise auf den Aufenthaltsort von Gesuchten. | |
## SOS-SMS an die Armee | |
Der Clou ist aber, dass Betroffene mit dem Armee-Kommando kommunizieren | |
können. Sie sagen dann, wo gerade jemand festgenommen wurde oder melden, | |
wenn sie in Gefahr sind. Eine SOS-SMS wird dann an die Armee gesendet, mit | |
Infos zum Ort. | |
Anscheinend erhofft sich das Militär einiges von der Technologie, denn es | |
steckte Mühe und Kosten in ein eigenes Werbevideo für die App. Darin sagt | |
ein Sprecher: „Es ist deine Zeit gekommen, um dich daran zu beteiligen, | |
dein Land zu beschützen. Du kannst der Armee helfen. Bei Diebstählen, | |
Gewalttaten oder wenn ein Auto explodiert. Das kannst du mit der neuen App: | |
Gesuchte und entführte Personen erkennen oder die Nachrichten von der Armee | |
ansehen. Du kannst schauen, wo die gefährlichen Orte im Libanon sind und | |
wenn du in einer Notsituation bist, kannst du mit einem Knopf die | |
libanesische Armee anfordern.“ | |
Um das App-Erlebnis zu vollenden, können die Nutzer auch libanesische | |
Militärsongs herunterladen. | |
## Der Ton des Geschützfeuers | |
Ein andere Idee hat Firas Wazneh, er tüftelt an „Way to Safety“. Die | |
Anwendung soll Geschützfeuer von Feuerwerk unterscheiden. Es gibt eine | |
Hochladefunktion für Videos und der Ton kann aufgenommen werden. Dann wird | |
das Material mit einer Ton-Datenbank abgeglichen und die Waffe | |
identifiziert, von der der Ton stammt. Auch die Richtung wird analysiert, | |
aus der Schütze gezielt hat, die Anzahl an Schüssen und den Kalibertyp. | |
In Syrien selbst gibt es auch ein ähnliches [1][Crowd-Warnsystem], Amyta | |
(„Wann“). Ein Alarm über Textnachrichten, E-Mail oder RSS-Feed soll die | |
Menschen schneller erreichen als abgefeuerte Scud-Raketen. Diese Raketen | |
sind auch von weitem mit bloßem Auge gut zu sehen. Dlshad Othman hat das | |
System entwickelt. Bürger und Othmans eigenen Leute spähen aus, wo Raketen | |
abgefeuert werden. Allen registrierten Nutzern wird dann die | |
Echtzeit-Warnung geschickt: Wo ist das Ziel, wie lange dauert es bis zum | |
Einschlag. | |
Solange aber die [2][Internetverbindungen und Telefonanschlüsse gekappt] | |
sind, kann das System nicht funktionieren. Ein [3][Fan aus Aleppo schrieb | |
Othman]: „Die Idee ist gut, aber es ist Luxus, die meisten Leute hier in | |
Syrien haben keine Kommunikationsgeräte und nur gelegentlich Strom und | |
werden diese Warnungen niemals bekommen“. | |
Außerdem gab es Anfang August eine Cyber-Attacke. Die Seite brach bei einem | |
Massenzugriff zusammen. Othman sagt, die Zugriffe kämen überwiegen aus | |
Russland und dem Iran, den Verbündeten Assads. | |
6 Sep 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.aymta.com | |
[2] /!106527/ | |
[3] http://www.theatlantic.com/international/archive/2013/07/meet-the-hacktivis… | |
## AUTOREN | |
Julia Neumann | |
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