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# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Besuch vom Gerichtsvollzieher
> Eine einstweilige Verfügung flattert ins Haus. Keiner will mehr „Bravo“
> lesen. Und wie die Briten den 2. Weltkrieg noch einmal gewannen.
Bild: Nun auch noch vom Markt besiegt: Soldaten der Wehrmacht bei einem Filmdre…
Hallo, taz-Medienredaktion,
manchmal fragst du, warum ich immer meinen Helm aufhabe und ob ich ihn
nicht abnehmen möchte, damit die Sonne goldene Reflexe auf mein schönes,
dickes Haar werfen kann.
Wieso eine Frau wie ich es sich nicht leisten kann, auch nur eine Minute
ihres Dienstes ohne Kopfschutz zu verrichten, zeigte sich dieser Tage, als
ein Gerichtsvollzieher an meiner Tür läutete. Mit einer einstweiligen
Verfügung (EV), in seinem Hartplastikkoffer.
Und, Medienredaktion, nach gut vier Jahren Einsatz an der Medienfront, wer,
meinst du, fordert eine Unterlassung von mir? Arnulf Baring? Thilo
Sarrazin? Oder Matthias Matussek? Genau, Matussek! Der Mann, der versuchte,
die Ausstrahlung der Sendung gerichtlich zu verhindern, in der Kurt Krömer
ihn einen „Puffgänger“ nannte.
## Matusseks langer Arm
Da die Medien wochenlang über diese Absicht des Katholiken berichtet
hatten, als hätten sie einen Sack benutzter Unterhosen von ihm gefunden,
aus dem sie Tag für Tag eine zogen, war Matussek in meinen Augen sehr
bekannt geworden. Wenn auch nicht populär. Aber eben doch sehr „well
known“. Wer ihn bis dahin nicht kannte, kennt in jetzt. Weswegen ich das
Wort „berühmt“ dem Krömer-Wort voranstellte. Aber das soll ich nun nicht
mehr sagen dürfen.
Eigentlich wird man in so einem Fall abgemahnt. Nicht so ich. Auch geht so
ein Schreiben in der Regel zum Verlag, der „v.i.S.d.P“ ist, „verantwortli…
im Sinne des Presserechts“. Ich bekomme die EV direkt. Ich nehme an,
Matussek möchte der Kleinen mal zeigen, wo der Hammer hängt. Wenn ich schon
außer Hörweite seiner legendären Schreiereien bin und er mich nicht mit
seinem dicken Bauch an die Fahrstuhlwand quetschen kann, wie er es mit
einer Kollegin des Spiegels tat, worauf hin sein Büro weit weg verlegt
wurde, dann soll ich wohl Angst vor seinem langen Arm bekommen.
Immerhin ist der so lang, dass er ihn bis nach Köln ausstrecken kann. Denn
obschon Matussek in Hamburg sesshaft ist, sein Anwalt ebenso und ich auch,
hat er dort Klage eingereicht. Ich nehme an, nicht nur, weil das Gericht
dort bekannt ist für sein Verständnis Klägern gegenüber, sondern auch, weil
er in Hamburg vor sämtlichen Instanzen mit seinem Krömer-Unterfangen
gescheitert ist.
## „Junger People-Journalismus“
Jetzt aber zu etwas Unangenehmem: Keiner will mehr Bravo lesen. Bravo,
dieses Boulevard-Einstiegsblatt, das seit Generationen Teenagern erzählt,
dass man bei Feigwarzen zum Arzt gehen muss. Seit Jahren doktern die Macher
rum, um weiterhin Zentralorgan der Sturm- und Drangzeit zu bleiben.
Die neue Chefredakteurin will jetzt „jungen People-Journalismus“ etablieren
und nicht mehr nur positiv über Stars berichten. Dissen ist die aktuelle
Strategie vieler Blattmacher. Anstatt dass der Bauer-Verlag sein Heft
einfach von den Spiesser-Leuten machen lässt. Jener Redaktion eines
kostenlosen Jugendmagazins, die er seit Jahren vom Markt zu klagen
versucht. Aber statt mit denen zu kooperieren, pappt man lieber ein
Burger-King-Logo auf den Titel und lockt die Wabbeljugend mit einem
Hamburger.
Aber nicht nur die Kids machen dem Bauer-Verlag Sorgen, sondern auch die
Wehrmachtslektüre Landser, die die Familie Bauer 68 Jahre nach Kriegsende
noch herausbringt. Weil man nun aber den britischen Radiosender Absolute
Radio übernehmen möchte, kommt das mit der Kill-the-Tommy-Lektüre nicht so
gut. Und was das Simon Wiesenthal Center nicht geschafft hat, schafft nun
das kommerzielle Interesse: Bauer stellt Landser ein. Ich frage: Ist das
der Endsieg der Briten? Und gebe zurück nach Berlin!
18 Sep 2013
## AUTOREN
Silke Burmester
## TAGS
Einstweilige Verfügung
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Frauen in Führungspositionen
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