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# taz.de -- Kommentar ARD-Themenwoche Toleranz: Mehr Matussek!
> Der Hessische Rundfunk verteidigt Matthias Matussek als „homophob, aber
> nicht menschenverachtend“. Stimmt, der Publizist ist mustergültig
> tolerant.
Bild: Die fleischgewordene Toleranz: Matthias Matussek.
Die „Themenwoche Toleranz“ der ARD samt angeschlossener Anstalten sorgte
bereits im Vorfeld mit [1][ihrer Werbekampagne für reichlich Unmut]. Eine
Posterserie, die Ressentiments gegenüber gesellschaftlich marginalisierten
Gruppen in Frageform referierte, wurde breit rezipiert, kritisiert und
[2][auch veralbert].
Einer der Höhepunkte der Themenwoche jedoch schlägt die Werbekampagne noch
um Längen. In einer Diskussionsrunde des Hessischen Rundfunks (HR) bekam
auch der [3][bekennend homophobe Krawallkolumnist Matthias Matussek] eine
gebührenfinanzierte Plattform geboten.
Für diesen Gast fordert der HR in Person des Redaktionsleiters Meinhard
Schmidt-Degenhard in einem offenen [4][Chat nach der Sendung] – welch
Ironie! – Toleranz ein. „Herr Matussek [...] ist ein pointiert
argumentierender, aber kein unreflektiert hetzender Zeitgenosse. Wir
sollten doch so fair und tolerant miteinander umgehen, dass auch ein
Matussek bei uns vorkommen kann.“
Nehmt das, ihr miesen Müslilesben mit Migrationshintergrund! Ihr müsst doch
selber erst einmal tolerant sein! Später gelingt Schmidt-Degenhard sogar
noch das Kunststück, dem gegenüber Matussek formulierten Vorwurf der
Menschenverachtung zu begegnen: „Wenn Herr Matussek sich als homophob
bezeichnet, so ist das seine persönliche Selbsteinschätzung – aber meines
Wissens ist Homophobie nicht zwangsläufig menschenverachtend.“
## Matussek ist überlegen
Jemand, der homosexuelle Partnerschaften defizitär nennt (keine Kinder!),
kann das also tun, ohne die in solchen Partnerschaften lebenden Menschen zu
demütigen. Ausgezeichnet. Das Andere ist zwar weniger richtig als das
Eigene, wird aber nicht verachtet. Natürlich ist Matussek überlegen in
seiner genormten heterosexuellen Welt, glaubt aber zum Beispiel „nicht,
dass die [homosexuelle] Veranlagung Sünde wäre.“
Matussek hat nichts gegen Schwule und es braucht auch keine Absolution für
das perverse Treiben, nur ein bisschen weniger Aufdringlichkeit. Matussek
hat nichts gegen Schwule, nur öffentlich küssen sollten sie sich vielleicht
nicht. Und anfassen, also anfassen sollen sie ihn auch nicht bitteschön.
Das ist doch nicht zuviel verlangt. Und Matussek hat wirklich nichts gegen
Schwule, diese defizitären, aber ansonsten gleichwertigen Menschen.
Genau so geht Toleranz: Sich selber als Maßstab setzen und abgrenzen von
jenen, die diesem nicht genügen. Dabei bringt man aber immerhin so viel
Zivilisation im Gepäck mit, dass man den Tierchen ihr Plaisierchen lässt
und sie nicht gleich wegsperrt.
Matthias Matussek wird vielleicht selber drüber lachen müssen, aber einen
hervorragenderen Repräsentanten der toleranten Gesellschaft als ihn wird
man nicht so leicht finden. So gesehen ist es doch bedauerlich
inkonsequent, dass ihm nur so wenig Platz bei der „Themenwoche Toleranz“
eingeräumt wird. Zum Glück besteht Hoffnung für künftige Gelegenheiten,
schließlich wird unsere Gesellschaft immer toleranter. Jeden Tag.
21 Nov 2014
## LINKS
[1] /Toleranzwoche-bei-der-ARD/!149222/
[2] http://www.buzzfeed.com/philippjahner/ard-toleranz
[3] http://www.welt.de/debatte/kommentare/article124792188/Ich-bin-wohl-homopho…
[4] http://www.hr-online.de/website/fernsehen/sendungen/index.jsp?rubrik=69746
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
## TAGS
Toleranz
ARD
Matthias Matussek
Homophobie
Die Welt
Satire
Sozialstaat
Toleranz
Schwerpunkt Rassismus
Matthias Matussek
Einstweilige Verfügung
Springer
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