# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Salbei im Garten | |
> Dieses „Gemühe“ für Opa Gottschalk eine neue Sendung zu finden, ist | |
> peinlich. Auch der „Stern“ hat was Neues – was hätte geschehen können. | |
Bild: Eine Sternchen auf dem Potsdamer Platz in Berlin reicht doch, da muss nic… | |
Hallo taz-Medienredaktion! | |
Ich habe vor vielen Jahren den Satz gelesen: „Wie kann jemand sterben, der | |
Salbei im Garten hat?“ Seither beschäftigt er mich. Immer wieder denke ich | |
über Salbei, Gärten und das Sterben nach. Heute aber fällt er mir ein, wenn | |
ich denke, wie kann ein Mensch sich verlassen fühlen, der solche LeserInnen | |
und ZusprecherInnen hat wie ich? | |
„Gar nicht!“, ist die Antwort. Ich fühle mich gerade zu getragen im | |
Angesicht der Unterstützermails bezüglich Matthias Matusseks einstweiliger | |
Verfügung, mittels derer er mir Aussagen verbieten möchte. | |
Besonders reizend finde ich einen Herrn aus München, der mir schrieb, er | |
habe noch die Tagebücher aus der Zeit im Keller, als M. in seiner WG ein | |
und aus ging und fragte, ob ich gern wissen würde, was darin steht. | |
Dummerweise hat er sich auch an M. gewandt und ihn aufgefordert, mich in | |
Ruhe zu lassen, was ich etwas übergriffig finde, schließlich fechte ich | |
meine Kämpfe gern selbst aus. Im weiteren Verlauf haben die beiden Herren | |
noch einigen Sand hin und her geworfen, was damit endete, dass Matussek den | |
Tagebuchschreiber anzeigen will. | |
Um den Gedanken einer meiner Twitter-Follower aufzugreifen: Wahrscheinlich | |
hat Matussek eine Flatrate. Einmal zahlen, dreimal klagen. | |
Und nun zu something Traurigem. Wofür ich ein neues Wort kreieren möchte, | |
„Gemühe“. Denn nur so lassen sich die peinlichen, in die Öffentlichkeit | |
getragenen Bestrebungen beschreiben, Thomas Gottschalk eine neue Sendung | |
zukommen zu lassen. | |
Aktuell ist RTL am Zug, und statt im Verborgenen ein Konzept zu erarbeiten, | |
Probedurchläufe zu machen und mit etwas, das zu 100 Prozent passt, ins | |
Programm zu gehen, werden die Gedanken öffentlich breitgetreten. | |
Was ein wenig an die Frage erinnert: „Wohin mit Opa?“ Und der Überlegung, | |
ob er sich nachmittags in der Sing- oder in der Bastelgruppe wohler fühlt. | |
Gottschalk, das zeigt sich trotz allem, was es an ihm zu mosern gibt, | |
deutlich, ist zu groß für die Kleinhirne, die heute Fernsehen machen. Sie | |
sind schlichtweg überfordert. | |
## Typisch Niggemeier: er meckert | |
Gar nicht überfordert war der Kollege Stefan Niggemeier, der im Stern eine | |
neue journalistische Form entdeckte – und, typisch Niggemeier, meckert. | |
Der Stern nämlich hat, wohl weil seinen Machern der etablierte Journalismus | |
einfach zu langweilig ist, neuen erfunden. So, wie Tom Kummer sich | |
Interviews ausgedacht hat, vor dem Hintergrund, dass Hollywood-Heroes wie | |
Sharon Stone oder Tom Hanks einfach zu ödes Zeug geredet haben, so schreibt | |
man beim Stern nicht das, was sich ereignet hat, sondern denkt sich aus, | |
was sich ereignet haben könnte. In der Zukunft. | |
So geschehen im Ressort „Politik“. „Nur 48 Stunden“ heißt der Artikel … | |
Wahl. Ein „Vorabprotokoll der letzten zwei Tage“. Das ist die Etablierung | |
von „Futur II“ als journalistische Stil- bzw. Reportageform. | |
## Was-war-Beschreibungen sind öde | |
Niggemeier, dieser Miesepeter, findet das natürlich verwerflich. Aber der | |
ist auch so engstirnig! Anstatt dass er mal sieht, was das heißt! Gerade | |
jetzt, wo der Journalismus so infrage steht. Dabei ist es kein Wunder, dass | |
kein Leser mehr Geld ausgeben will für die öden Was-war-Beschreibungen. | |
Wie großartig sind da die Möglichkeiten, aufzuschreiben, was gewesen sein | |
könnte. Das sind ganz neue Wege! Man wird sich nie wieder an das halten | |
müssen, was sich ereignet! Endlich wird Journalismus wieder interessant! | |
Der Stern geht neue Wege. Ich geh mit! Morgen schon schreibe ich die | |
Reportage: „Schatz im Staub – Wie Eva Brauns Tagebücher gefunden wurden“. | |
Deswegen gebe ich jetzt schnell zurück nach Berlin! | |
25 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
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