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# taz.de -- Beratungen zum Weltklimareport: Ziel ohne Fahrplan
> Schweden ist Gastgeber für den UN-Klimarat und lobt seine eigene
> Ökopolitik. Kritiker finden, dass alles viel zu langsam geht.
Bild: Eisbär in Kanada: Laut IPCC taut die Arktis schneller als gedacht.
STOCKHOLM taz | Der UN-Klimarat IPCC hat am Montag in der schwedischen
Hauptstadt Stockholm seine Beratungen zum 5. Weltklimareport begonnen. Am
Morgen versammelten sich Wissenschaftler und Delegierte aus 195 Staaten im
Konferenzzentrum Münchenbryggeriet.
Bis Freitag wollen sie in geheimen Verhandlungen den Text der 30-seitigen
Zusammenfassung zu den „wissenschaftlichen Grundlagen“ des IPCC-Reports
abstimmen. Und während der Gastgeber Schweden bis 2050 offiziell
„Nullemissionsstaat“ werden will, gerät er wegen seiner aktuellen
Klimapolitik heftig in die Kritik.
Die Klimapolitik des Landes bewege sich im Schneckentempo, kritisierte
Martina Krüger von Greenpeace Schweden. Es gebe einen "abgrundtiefen
Graben" zwischen den Erkenntnissen der Forscher und der Politik der
Regierung in Stockholm.
Das deutlichste Beispiel sei der staatseigene Energiekonzern Vattenfall,
dem weiterhin gestattet werde, etwa in Deutschland in Braunkohle zu
investieren. Es sei höchste Zeit, dass Stockholm - aber auch alle anderen
Regierungen - "statt den Interessen der fossilen Industrien die ihrer
Mitbürger verfolgen".
## „Schweden hält sich nicht an Verpflichtungen“
Schweden versuche gern die Fahne hochzuhalten, wenn es um Klimapolitik
gehe, kritisiert auch der klimapolitische Ratgeber der christlichen
Hilfsorganisation Diakonie, Petter Lydén: „Das Land hält sich aber nicht
einmal an seine internationalen Verpflichtungen.“ Binnen drei Jahren habe
die Regierung die Gelder für internationale Klimahilfe erst halbiert und im
Budget für 2014 ganz gestrichen.
In seiner Regierungserklärung in der vergangenen Woche hatte
Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt die Verantwortung auf die großen
CO2-Verursacher geschoben: Erst wenn diese ihren Verpflichtungen nachkämen,
sei eine Verschärfung der Klimaziele Schwedens und der EU aktuell.
Schweden habe das Ziel, bis 2050 ein „Nullemissionsstaat“ zu werden, aber
bislang keine Etappenziele dahin festgelegt, konstatierte auch ein Mitglied
von Riksrevisionen, einer dem deutschen Rechnungshof vergleichbaren
Kontrollbehörde, gegenüber der Tageszeitung Svenska Dagbladet: Die
Regierung habe dem Parlament nach wie vor keine Vorschläge unterbreitet,
wie man sich vorstelle, die gesetzten Ziele zu erreichen.
## Windenergiepotenzial wird vernachlässigt
Dabei könnte Schweden, dessen Stromproduktion schon jetzt zu 50 Prozent auf
erneuerbaren Energie beruht, relativ einfach aus der Atomkraft aussteigen,
seine Stromversorgung auf 100 Prozent erneuerbare Energien umstellen und
sogar noch Ökostrom ins Ausland exportieren. Das sagt zumindest der
Förnybarhetsrådet (Rat für Erneuerbare), eine Dachorganisation der Wind-,
Solar-, Bioenergie- und Energiesparfirmen. Bislang habe Schweden aber
beispielsweise das Windenergiepotenzial vernachlässigt.
Dabei könne die gleiche Windanlage wegen der besseren Standorte in Schweden
bis zu einem Drittel mehr Strom erzeugen als in Deutschland, und auch die
Kosten für den Ausbau der Netze lägen deutlich niedriger als im
Energiewendeland Deutschland. Trotzdem deckt die Windkraftproduktion erst 4
Prozent des schwedischen Gesamtstromverbrauch - halb so viel wie in
Deutschland.
„Wenn wir davon ausgehen, was Schweden versprochen hat, geschieht
außerordentlich wenig“, bedauert auch Anders Wejryd, Erzbischof der
schwedischen Kirche: „Dabei könnte Schweden eigentlich eine internationale
Führungsrolle spielen.“
23 Sep 2013
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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