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# taz.de -- Spaniens Vergangenheitsbewältigung: Haftbefehl gegen Franco-Verbre…
> Gegen argentinische und chilenische Militärs durfte der spanische Richter
> Garzón ermitteln. Gegen Franco-Generäle klagt nun eine argentinische
> Richterin.
Bild: Protest gegen die Suspendierung von Ermittlungsrichter Baltasar Garzón i…
MADRID taz | 38 Jahre nach Ende der spanischen Diktatur unter General
Francisco Franco gibt es Hoffnung für die Opfer, doch noch Gerechtigkeit zu
finden. Argentinien öffnet seit Montag weltweit die Konsulate für die Opfer
und Angehörigen der Repression in der Zeit des Spanischen Bürgerkrieges
1936 bis 1939 und den sich anschließenden 36 Jahren der Gewaltherrschaft.
Die Betroffenen können vor dem Konsularbeamten eine notariell beglaubigte
Zeugenaussage abgeben.
Diese ungewöhnliche Initiative geht auf die Richterin María Servini vom 1.
Föderalen Gerichtshof in Buenos Aires zurück. Sie ermittelt seit dem 14.
April 2010, dem 79. Jahrestag der vom Franco-Putsch gestürzten Zweiten
Spanischen Republik, wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.
Die Richterin ließ die Klagen zu, nachdem in Spanien die Ermittlungen von
Baltazar Garzón auf Druck der juristischen Hierarchie eingestellt werden
mussten. Argentinien kennt seit der Verfassung von 1853 das Prinzip der
universellen Gerichtsbarkeit.
Servini stützt sich teilweise auf die Arbeit von Richter Garzón, der
mittlerweile aus dem Richterdienst verwiesen wurde. Er ging von mindestens
113.000 Verschwundenen aus. Es waren meist Anhänger der demokratischen
Ordnung, Gewerkschafter und Linke, die während des Bürgerkriegs und in den
ersten Jahren der Diktatur standrechtlich erschossen und irgendwo
verscharrt wurden. Mindestens 2.200 Massengräber sollen sich in Spanien
befinden. Rund 300 wurden bisher auf Initiative der Angehörigen exhumiert.
## Anklagen in bislang 170 Fällen
Außerdem wurden mindestens 30.000 Neugeborene ihren Müttern entwendet und
regimetreuen und reichen Familien überlassen. Zusammen mit der
systematischen Folter von Inhaftierten sieht Richterin Servini „den
grauenhaften Tatbestand des Völkermords und der Verbrechen gegen die
Menschlichkeit“ gegeben. Mittlerweile wurden bei ihr 170 konkrete Fälle
angeklagt. Die Konsularkampagne dürfte Tausende weitere Aussagen bringen.
11 Opferorganisationen aus Spanien sowie mehrere
Menschenrechtsorganisationen aus Argentinien haben sich der Klage
angeschlossen.
Servinis Ermittlungen haben zu ersten Ergebnissen geführt. Am 18. September
erließ sie internationale Haftbefehle gegen vier ehemalige Polizeibeamte
und Angehörige der faschistischen Partei Falange im Alter von 66 bis 74
Jahren, die sich als Folterknechte der Diktatur besonders hervorgetan
haben. Unter ihnen befindet sich ein ehemaliger Leibwächter von General
Franco und König Juan Carlos.
Sobald die Haftbefehle in Spanien eingehen, hat Madrid zwei Möglichkeiten.
Entweder werden die Beschuldigten, von denen wohl drei noch leben,
verhaftet und ausgeliefert, oder die spanische Justiz nimmt sich selbst der
Fälle an. Bislang haben die spanischen Behörden jedwede Zusammenarbeit
verweigert.
„In Spanien haben sie uns eine Tür nach der anderen zugeschlagen, in der
Hoffnung, dass wir mit der Zeit unser Anliegen vergessen“, erklärt Maria
Garzón. Die Tochter von Richter Baltazar Garzón spricht im Namen der
„Wahrheitskommission für die Francozeit“, ein Zusammenschluss aus
Opferorganisationen, die in Argentinien als Kläger auftreten. Neben der
juristischen Aufarbeitung will Garzón eine offizielle Kommission zur
Vergangenheitsbewältigung durchsetzen, wie sie in über 40 Ländern bestand.
Mit ihrem Anliegen haben sich die spanischen Franco-Opfer bis hin zur UNO
Gehör verschafft. Diese Woche besucht die UN-Arbeitsgruppe für zwangsweises
oder unfreiwilliges Verschwinden (WGEID) Spanien. Sie wird sich mit
Anwälten, Juristen und Organisationen treffen, um danach Empfehlungen
abzugeben. „Spanien hat internationale Abkommen zum Thema unterzeichnet,
die nicht erfüllt werden“, beschwert sich Garzón. Sie hofft, dass der
internationale Druck Spanien endlich zum Einlenken zwingt.
25 Sep 2013
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Baltazar Garzón
Argentinien
Spanien
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ETA
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