Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Großdemos in Spanien: Die Vergangenheit ist nicht vorbei
> Zehntausende fordern auf Demonstrationen die Aufarbeitung der Verbrechen
> des faschistischen Franco-Regimes und Gerechtigkeit für den angeklagten
> Richter Garzon.
Bild: Tausende Demonstranten forderten wie hier in Madrid am Wochenende die Ein…
MADRID taz | "73 Jahre vergebliches Warten auf Gerechtigkeit!" - Das
Plakat, das die alte Frau in die Höhe streckte, bringt auf den Punkt, was
am Samstag zehntausende Menschen in 21 spanischen und 7 ausländischen
Städten auf die Straße trieb. Es war mehr als die Solidarität mit Richter
Baltasar Garzón, der wegen seiner Ermittlungen in mindestens 113.000 Fällen
von während des Spanischen Bürgerkrieges (1936-1939) und in den Jahren
danach Verschwundenen vom Obersten Gerichtshof in Madrid wegen
Rechtsbeugung angeklagt ist. Die Demonstrationen waren ein Ruf nach
Gerechtigkeit für die Opfer der faschistischen Truppen von General
Francisco Franco und der knapp 40 Jahre dauernden Diktatur.
An der größten Protestaktion in Madrid beteiligten sich je nach Quelle
zwischen 60.000 und 100.000 Menschen. Ganze Familien marschierten mit.
Großeltern, Eltern, Enkel trugen Fotos ihrer Verschwundenen sowie der
berühmten Opfer der Diktatur, wie des Poeten Federico García Lorca oder des
Kommunisten Julián Grimau. Die Farbe der Demonstration war das
Rot-Gelb-Purpur der Fahne der von Franco gestürzten Republik.
"Die Zivilgesellschaft hat sich heute in ganz Spanien versammelt, um das
Anliegen der Opfer des franquistischen Terrors zu unterstützen und um für
die Würde von hunderttausenden Frauen und Männern einzutreten, die ihr
Leben für die Freiheit und Demokratie in unserem Land gegeben haben",
begann das Abschiedsmanifest, das von Spaniens bekanntesten Filmregisseur
Pedro Almodóvar, der Schriftstellerin Almudena Grandes und dem Poeten und
ehemaligen politischen Gefangenen Marcos Ana verlesen wurde.
Der Sprecher von Human Rights Watch warf Spanien unter tosendem Applaus vor
"mit zweierlei Maß zu messen". Zum einen habe Garzón die
Menschenrechtsverletzungen der Diktaturen in Chile und Argentinien
untersucht und damit das Prinzip der universellen Gerechtigkeit einen
großen Schritt weitergebracht, zum anderen würde Spanien im eigenen Land
diese Maßstäbe nicht anwenden.
Auch international kam Spanien unter Druck. "Das Land, das den Weg der
universellen Gerechtigkeit öffnete, ist kurz davor, zu einem Beispiel für
universelle Ungerechtigkeit zu werden", heißt es in einem Protestschreiben
zur Unterstützung Garzóns, das von der UNO und von Vertretern aus 26
Ländern - darunter USA, Argentinien, Chile - unterzeichnet wurde.
26 Apr 2010
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Baltazar Garzón
## ARTIKEL ZUM THEMA
Spaniens Vergangenheitsbewältigung: Haftbefehl gegen Franco-Verbrecher
Gegen argentinische und chilenische Militärs durfte der spanische Richter
Garzón ermitteln. Gegen Franco-Generäle klagt nun eine argentinische
Richterin.
Debatte Spanien und die Franco-Diktatur: Das Ende der Aufklärung
Spaniens Verfassungsrichter setzen alles daran, die Aufklärung des
Völkermords während der Franco-Diktatur zu verhindern.
Kommentar Aufarbeitung Franco-Zeit: Vergessen ist keine Lösung
Die Demonstrationen vom Wochenende zeigen: Eine Aussöhnung ohne
Gerechtigkeit, wie sie Spanien nach dem Ende der Franco-Diktatur versuchte,
kann es nicht geben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.