# taz.de -- Studie zur Familienpolitik: Mehr hinderlich als hilfreich | |
> ForscherInnen haben sämliche familienpolitische Leistungen auf ihren | |
> Nutzen hin überprüft. Kindergeld und Ehegattensplitting schneiden | |
> schlecht ab. | |
Bild: Dort, wo es genug Kita-Plätze gibt, entscheiden sich mehr junge Paare f�… | |
BERLIN taz | Es ist eine schlichte Kosten-Nutzen-Rechnung: Je mehr in den | |
Kita-Ausbau investiert wird, desto stärker profitieren Familien davon. | |
Öffentlich geförderte Betreuungseinrichtungen seien die einzige | |
familienpolitische Maßnahme, die eine „substanzielle positive Wirkung | |
entfalten“, sagte Katharina Spiess vom Deutschen Institut für | |
Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW). Oder anders formuliert: Mit | |
vergleichsweise wenig Geld wird viel erreicht. | |
Spiess gehört neben ForscherInnen des Münchner ifo-Institut und des | |
Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zu ExpertInnen, die im | |
Auftrag des Familien- sowie des Finanzministeriums sämtliche | |
familienpolitische Leistungen auf ihren Nutzen hin überprüfen sollten. | |
Die WirtschaftsforscherInnen ziehen ein herbes Fazit ihrer | |
Forschungsergebnisse, die sie am Mittwoch in Berlin präsentierten: | |
Quantitative und qualitative Investitionen in Kita-Plätze und das | |
Elterngeld schneiden am besten ab. Das Elterngeld sei für Familien | |
kurzfristig sinnvoll, weil unter anderem mehr Mütter als früher nach der | |
Babypause rasch wieder in den Job zurückkehren. | |
Andere Maßnahmen wie das Kindergeld und das Ehegattensplitting stufen | |
Spiess und ihre KollegInnen als nicht in jeder Hinsicht hilfreich und sogar | |
als hinderlich ein. | |
## Ehegattensplitting hat negative Effekte auf Frauen | |
Das Ehegattensplitting zum Beispiel: Das erhöhe zwar kurzzeitig das | |
Haushaltseinkommen einer Familie, sei aber nicht „zuträglich“ für die | |
Vereinbarkeit von Familie und Beruf. In Deutschland profitieren vor allem | |
jene Paare davon, die keine Kinder haben und bei denen nur ein Partner | |
arbeitet, in der Regel ist das der Mann. | |
Dieses Modell „verfestigt die Spezialisierung auf Haus- und Erwerbsarbeit“, | |
sagte Holger Bonin vom ZEW. Er spitzte noch zu: „Die positiven Effekte auf | |
die Männer reichen nicht aus, um die negativen Effekte auf die Frauen | |
auszugleichen.“ In der Realität sieht das so aus: Karrieren von Frauen | |
können sich langfristig nicht so entwickeln, wie sie gewünscht würden. | |
Das trifft auch für Frauen zu, die nicht unbedingt einen Chefsessel | |
anstreben, sondern einfach nur ganz normal arbeiten gehen wollen: Je länger | |
sie aus dem Job raus sind, desto schwerer haben sie es auf dem | |
Arbeitsmarkt. | |
## Lösung: Gedeckeltes Realsplitting | |
Um dieses Dilemma zu lösen, schlagen die ExpertInnen vor, das | |
Ehegattensplitting umzuwandeln in ein sogenanntes gedeckeltes | |
Realsplitting. Auch dabei würde das Einkommen beider Partner | |
zusammengerechnet und nur ein bestimmter Teil versteuert – so ähnlich ist | |
das jetzt beim Ehegattensplitting. Beim Splitting-Modell, das den | |
ÖkonomInnen vorschwebt, würde jedoch der Betrag, der der hälftigen | |
Besteuerung unterworfen ist, verringert. | |
Gleichwohl plädieren die ForscherInnen dafür, das Kindergeld nicht zu | |
erhöhen. Es habe nur „schwache Effekte“, wie Helmut Rainer vom ifo-Institut | |
sagte: Armut verhindere das Kindergeld nicht, da es auf Sozialleistungen | |
wie Hartz IV angerechnet werde. Eher fördere es die finanzielle Stabilität | |
von Familien mit mittleren und höheren Einkommen. | |
Auch auf das Arbeitsverhalten von Müttern wirke sich das Kindergeld seit | |
1996 mitunter negativ aus. Damals wurde das Kindergeld unter anderem für | |
das erste Kind von rund 36 Euro auf rund 102 Euro monatlich erhöht. Mit der | |
Folge, dass manche Mütter ihre Erwerbsarbeit zurückgeschraubt hätten. | |
Hängt von Kinder- und Elterngeld, von Vätermonaten und vom | |
Ehegattensplitting ab, ob sich junge Paare für Kinder entscheiden? Nicht | |
unbedingt, haben die ExpertInnen herausgefunden. Mit einer deutlichen | |
Ausnahme: Dort, wo es genügend und gute Kitaplätze gibt, ist die | |
Geburtenrate höher als in Regionen, in denen Betreuungsplätze Mangelware | |
sind. | |
2 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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