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# taz.de -- Berliner Szenen: Am Randrillenrand
> Die Wespen sitzen auf dem Frühstücksbrettchen und essen Honig. Manche
> kämpfen auch miteinander in der Luft. Ihr Futter wird knapp.
Bild: Bald sind sie alle tot. Alle.
Auch an den letzten warmen Tagen in Berlin kommt die U-Bahn bei mir nicht
alle vier Minuten vorbei, denn ich sitze vorm falschen Café. Dafür kommt
alle vier Sekunden eine Wespe vorbei – die Mädchen am Nebentisch reden auch
über nichts anderes. Ich verstehe diese Wespenpanik nicht, dieses „Mach das
weg, mimimi“ und das „Jetzt NICHT bewegen“ und das „Ganz vorsichtig!“…
das „Neiiihiiin, mach sie nicht auch noch sauer!“. Man muss doch nur
stillhalten.
„Bonjour“, sagt der Kellner und spricht dann auf Fränkisch weiter. Es ist
noch schön warm in der Nachmittagssonne und ich lese zum Frühstück das neue
Strapazin. Na ja, eigentlich bin ich dauernd abgelenkt und schaue Dinge im
Handy nach oder mache Fotos. Ob es schon Cafés mit Instagramverbot gibt? Am
anderen Nebentisch bestellt und isst ein Mann mit Anzug und Brille das
Gulasch mit Spätzle in weniger als zehn Minuten. Er sieht dynamisch aus.
Die Wespen sind jetzt alle zu mir rübergeschwirrt. Ich schaue ihnen zu. Der
Honig aus meinem Quark hat sich in die Randrille des runden
Frühstücksbrettchens ergossen und mehrere Wespen sitzen am Randrillenrand
und schlürfen wie Pferde am Ufer eines Baches. Manche Wespen kämpfen auch
miteinander in der Luft, ihr Futter wird knapp, bald werden sie tot sein,
alle. Das ist so traurig! Ich rette eine Wespe vom Grund meines
Latte-macchiato-Glases, sie schüttelt sich und fliegt davon.
„Was muss ich denn eigentlich bestellen, wenn ich einen Kaffee mit Milch,
aber ohne Schaum bestellen will“, fragt der Mann, der nun da sitzt, wo
vorher der Gulaschmann war. „Einen Kaffee mit Milch ohne Schaum“, sagt der
Kellner.
Wenig später fegt der Wind die Zeitung des Mannes auf die Straße, ein
Krankenwagen überfährt sie. Ein Spatz mit weißen Sprenkeln auf dem Kopf
hüpft unter den Tischen lang.
13 Oct 2013
## AUTOREN
Michael Brake
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