| # taz.de -- Berliner Szenen: Und schließlich die komplett Irren | |
| > Die allerletzte Veranstaltung im ICC ist eine perfekte | |
| > Wahnsinnsinszenierung deutscher Konzernkultur: Die Jahreshauptversammlung | |
| > der Daimler AG. | |
| Bild: Bühnenbild mit Riesenpolygon: Dieter Zetsche bei seiner Rede. | |
| Der Stimme von Dr. Bischoff kann niemand entkommen. Die alte Technikanlage | |
| des ICC gibt noch einmal, ein letztes Mal, alles, der [1][hypnotische | |
| Sitzungsleiter-Paragrafen-Singsang] flutet die unzähligen Gänge und | |
| Zwischengeschosse, bis auf die Toiletten verfolgt er einen. | |
| Dr. Bischoff ist der Aufsichtsratsvorsitzende der Daimler AG, ein Mann mit | |
| buschigem Schnauzer und sauberem Scheitel, er leitet die | |
| Aktionärshauptversammlung seines Konzerns. Ich bin hier eigentlich nur | |
| hierhergekommen, um zum allerletzten Mal vor der Stilllegung in | |
| [2][//www.taz.de/Das-ICC-in-Berlin-macht-dicht/!134509/:das | |
| Retrofuturismus-Raumschiff ICC] einzutauchen. Aber sofort bin ich gefangen | |
| von dieser perfekten Wahnsinnsinszenierung von Konzernkultur, verstehe | |
| komplett, warum Rimini Protokoll vor fünf Jahren Theaterzuschauer mit | |
| geliehenen Aktien hier hineingeschleust und sie dann zwischen Tausenden | |
| Kartoffelsalat essenden Kleinaktionären [3][sich selbst überlassen haben]. | |
| Das Bühnenbild in Saal 1 ist ein graues Riesenpolygon, davor sitzen | |
| Bischoff und der Vorstand, hinter ihnen über 20 schweigende Aufsichtsräte, | |
| jeder am eigenen Pult, und dahinter Menschen an Schreibtischen, die live | |
| auf der Bühne die Fragen der Aktionäre bearbeiten. Denn jeder, der auch nur | |
| eine einzige Daimler-Aktie hält, hat die Möglichkeit, an den offenen | |
| Saalmikrofonen zehn Minuten zu reden. | |
| Da kommen erst die Sprecher der großen Anlegervereine und Fonds, | |
| professionelle Stammgäste, die vorbereitete Reden voller Pointen halten. | |
| Dann folgen die kritischen Aktionäre, sie stellen Fragen zu Frauenquoten | |
| und Daimlers Militärfahrzeuggeschäft. Anschließend dürfen die | |
| Kleinaktionäre sprechen und schließlich die komplett Irren. Ein alter Mann | |
| erzählt fünf Minuten lang von einem Lackschaden an seinem | |
| Daimler-Jahreswagen, der ihm einst 9.000 D-Mark Verlust gebracht hat. | |
| „Ich bin traumatisiert“, sagt er. | |
| 13 Apr 2014 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.youtube.com/watch?v=XSmj3gQaU54 | |
| [2] http://https | |
| [3] http://www.zeit.de/2009/17/Daimler-Rimini | |
| ## AUTOREN | |
| Michael Brake | |
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