| # taz.de -- Berliner Szenen: Das E-Wort | |
| > Seuchenalarm in meiner Straße und nicht einmal die Polizei sagt einem, | |
| > was Sache ist. Aber zum Glück gibt es ja eine Boulevardzeitung der | |
| > Vernunft. | |
| Bild: Montagabend in Neukölln. | |
| Als ich beim nächtlichen Nachhausekommen die drei Feuerwehrwagen an meiner | |
| Straßenecke sehe, denke ich mir noch nichts Besonderes. Die kommen ja | |
| immer, wenn irgendwo auch nur ein Papierkorb brennt. Ein kleines | |
| Polizeiauto ist auch immer mit dabei, das ist wie mit den weißen Vögeln, | |
| die immer auf Wasserbüffeln sitzen. Symbiose. | |
| Dass mein Teil der Straße abgesperrt ist, finde ich aber schon merkwürdig. | |
| Ein Polizist begleitet mich bis zur Haustür. Ich frage, was los ist, und er | |
| sagt, dass er mir nichts sagen darf, aber ich solle doch mal genau schauen | |
| und morgen Zeitung lesen. Ich schaue genau und sehe vier weitere | |
| Notrufwagen, noch mehr Polizei, Pressefotografen und jemanden in so einem | |
| weißen Ganzkörperschutzanzug. Ganz klar, ein Tatortreiniger! Ein Mord. | |
| Direkt bei mir gegenüber. Vermutlich sogar eine Schießerei. Ui! | |
| Im Internet [1][weiß die B.Z. es besser]: „Seuchenalarm in Neukölln“. Ein | |
| Mann aus der Sanderstraße hat Nasenbluten, Fieber und Schwindel, außerdem | |
| hatte er vor Kurzem als Dolmetscher Kontakt mit Menschen aus Sierra Leone. | |
| Das bedeutet: Ebola-Verdacht. Und sie sperren eine halbe Straße ab. Irre. | |
| Wird Ebola jetzt durch Blickkontakt übertragen? Irre auch, dass mir der | |
| Polizist nichts sagen durfte. „Hier könnte jemand eine Seuche haben, die | |
| wir für so gefährlich halten, dass wir für einen Verdachtsfall eine Straße | |
| sperren – aber wir verraten Ihnen nicht, in welcher Gefahr Sie sich | |
| befinden.“ | |
| Die B.Z. macht in ihrem Berlin-Liveticker weiter, irgendwann wurde der Mann | |
| ins Virchow-Klinikum gebracht und kurz danach dann: „Da man ja im Endeffekt | |
| noch nichts Genaues über die Erkrankung weiß, sollten wir das ’E-Wort‘ | |
| besser erst mal nicht in den Mund nehmen.“ B.Z., du Stimme der Vernunft! | |
| Erst die Leute verrückt machen und dann den Coolen spielen. Und stimmt, in | |
| den Mund nehmen sollte man das E-Wort nun wirklich nicht, jedenfalls nicht, | |
| wenn es sich um Ebola handelt. Bei Ecstasy, Erektion oder Eierkuchen wäre | |
| das etwas anderes. | |
| Am nächsten Tag kommt schnell das nächste E-Wort: Entwarnung. Doch kein | |
| Ebola. Doch keine Weltgeschichte in meiner Straße. Schon ein bisschen | |
| schade. | |
| 19 Nov 2014 | |
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| [1] http://www.bz-berlin.de/berlin/neukoelln/ebola-alarm-in-berlin-neukoelln | |
| ## AUTOREN | |
| Michael Brake | |
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