Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Theaterprojekt zu „Motorcities“: Opel schließt, Stadt fällt w…
> Schockstarre nach dem Aus der Autoindustrie in Bochum? Von wegen: „This
> is not Detroit“. Man fühlt man sich trainiert in Sachen ökonomischer
> Wandel.
Bild: Definitiv nicht Detroit: Bochum, du schmutzige Perle des Potts.
BOCHUM taz | Es war kein Zufall: Am vergangenen Montag wurde im Opelwerk 2
in Bochum-Langendreer das letzte Getriebe gefertigt. Drei Tage später
eröffnete das Theater ein Projekt mit dem beschwörenden Titel „This ist not
Detroit“. Sicher, Bochum ist nicht gleichzusetzen mit der früheren
Autometropole, dem Sinnbild für den Niedergang einer Stadt und zugleich
Sitz der Opel-Mutter GM. Doch die Schließung der drei Opelwerke, die bis
2016 vollzogen sein wird, dürfte die Kommune an der Ruhr erneut einem
Strukturwandel unterwerfen.
Diesen Wandel wollen das Bochumer Schauspielhaus und die Organisation
Urbane Künste Ruhr begleiten und fragen gemeinsam nach der Zukunft der
Stadt. Kuratorin Sabine Reich spricht von dem Schock, den die
Opel-Schließung ausgelöst hat, und den tiefgreifenden Folgen für die
Beschäftigten, aber auch für die Identität der ganzen Stadt. Bochum dürfe
nicht länger Opfer industrieller Prozesse sein, sondern müsse aktiv die
Zukunft gestalten. „Wir wollen Motor und Katalysator dieser Entwicklung
sein“, sagt Sabine Reich.
Untätig ist die Stadt allerdings nicht, das zeigte kürzlich der Auftritt
bei der Gewerbemesse Expo-Real, bei der erste Ideen für die insgesamt 160
ha umfassenden Opel-Areale präsentiert wurden.
Das Herzstück des dreitägigen Projektauftakts bildete das Symposium
„Motorcities im Aufbruch!“, zu dem Stadtplaner, Aktivisten und Künstler aus
den Opel-Städten Zaragoza, Liverpool und Gliwice eingeladen waren. Das
Nebeneinander offenbarte zunächst gravierende Unterschiede. So präsentierte
José Carlos Arnal vom Zentrum für Kunst und Technologie in Zaragoza die
schlichte Zahl von 23 % Arbeitslosigkeit. Auch die Andeutungen von Sabine
Reich selbst über Verarmung und Perspektivlosigkeit in Liverpool ließen
erst einmal den Schluss zu: So hart werden die Bochumer Opelaner nicht
fallen.
Auch dürften die Opelwerke mit ihren 3.500 Beschäftigten kaum so
identitätsstiftend für die Stadt wirken wie in früheren Zeiten Kohle und
Stahl. Es ist eher die fortschreitende Deindustrialisierung, die Bochum ins
Herz seines Selbstverständnisses trifft: Erst Nokia, dann Opel und nächstes
Jahr das Outokumpo-Stahlwerk.
Das Spektrum an Positionen, das das Symposium aufbot, war breit gefächert.
So berichteten Marta Keil und Igor Stokfiszewski von der Gruppe
[1][krytykapolityczna], einer Publikationsplattform linker Intellektueller,
eher allgemein von Krise und Kapitalismus in Polen und stellten Fragen nach
politischem Engagement im Bereich der Kunst. Am anderen, konkreten Ende
bewegte sich die Architektin Patrizia di Monte aus Zaragoza. Ihr
Interventionsprojekt „estonoesunsolar“ begleitet die temporäre oder auch
dauerhafte Umnutzung aufgelassener Plätze in der Stadt, die dann zu einem
Garten oder Basketballfeld umgestaltet werden.
## Empowerment der Bürger
Die meisten Initiativen und Projekte, die vorgestellt wurden, hatten eher
kleine Bezugsrahmen wie Stadtviertel, Straßen oder Plätze und setzten auf
partizipative Prozesse. Empowerment der Bürger war das Stichwort. Es war
der Industriesoziologe Manfred Wannöffel von der Ruhr-Universität, der dann
Thesen zum zweiten Bochumer Strukturwandel vorlegte. Die Stadt sei
trainiert in Sachen ökonomischer Transformation.
Als Kern der neuen Entwicklung sieht er die Bildungsinstitutionen von der
Universität bis zu Wissenschaftseinrichtungen. Sie sollen für betriebliche
Ausgründungen vor allem im Bereich Gesundheitstechnik und Geothermie sorgen
und Bochum zum Standort für Aus- und Weiterbildung machen. Bis es zu
„stabilen industriellen Arbeitsplätzen“ komme, sei es allerdings ein weiter
Weg, sagte Wannöffel. Optimismus ja, aber ein gedämpfter. Geduld ist
gefragt.
14 Oct 2013
## LINKS
[1] http://www.krytykapolityczna.pl/
## AUTOREN
Christoph Zimmermann
## TAGS
Strukturwandel
Opel
Bochum
Theater
Nokia
Arbeitslosigkeit
Bochum
Dortmund
Messe
New Jersey
Volkswagen
Opel
ThyssenKrupp
## ARTIKEL ZUM THEMA
Comebackversuch bei Mobiltelefonen: Das gute alte Nokia
Der einstige Weltmarktführer will seinem Markennamen wieder zu altem Ruhm
verhelfen. Selbst Mobiltelefone bauen will er aber nicht mehr.
Werksschließung von Opel: Die leise Beerdigung
Das Bochumer Werk von Opel war einst der größte Arbeitgeber der Stadt. Nun
wird es geschlossen. Am Freitag läuft die letzte Schicht.
Kunst statt Opel in Bochum: Feier der Vergänglichkeit
Mit dem Projekt „This is not Detroit“ antwortet das Schauspielhaus Bochum
auf die Deindustrialisierung der Stadt.
Konferenz über Strukturwandel: Aus dem Nichts geschöpft
In Dortmund diskutierten Künstler und Wissenschaftler die Rolle von „Geld
und Schulden in der postindustriellen Welt“. Utopien stehen im Zentrum der
Debatte.
Bürgerentscheid gegen Messeumbau: Kohle rausballern im Pott is nich!
Essens BürgerInnen votieren gegen das Kirchturmdenken in Deutschlands
größter Metropolregion. Sie stimmen gegen den teuren Ausbau der Messe.
Wahlen in den USA: Vielerlei Veränderungen
Nach 20 Jahren bekommt New York City wieder einen demokratischen
Bürgermeister. Auch in anderen Städten und Staaten wurde für den Wechsel
gestimmt.
Debatte um VW-Betriebsrat in den USA: Einfall im gewerkschaftsfreien Süden
Der VW-Betriebrat pocht auch in seinem US-Werk auf Mitbestimmungsrechte.
Politiker machen Stimmung und warnen vor einem fatalen Fehler.
Kolumne Wutbürger: Hey, Opel, du crazy bitch
Der Autobauer aus Rüsselsheim benimmt sich wie ein älterer Herr in
Bundfaltenhosen, der nur noch mit bunt bebügelter Sonnenbrille auf die
Straße geht.
Krise in der Stahlindustrie: Weich wie ThyssenKrupp-Stahl
Nur von den Erfolgen der Vergangenheit kann man nicht leben: Deutschlands
größtem Stahlkonzern droht die Zerschlagung.
Strukturwandel im Hafen: Passagiere statt Container
Die Kreuzschifffahrt boomt: Hamburg plant statt des geplanten neuen
Containerterminals eines für Kreuzfahrtschiffe - inklusive Gondelbahn.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.