# taz.de -- Wahlen in den USA: Vielerlei Veränderungen | |
> Nach 20 Jahren bekommt New York City wieder einen demokratischen | |
> Bürgermeister. Auch in anderen Städten und Staaten wurde für den Wechsel | |
> gestimmt. | |
Bild: Die multiethnische Familie de Blasio, ein Symbol, mit dem der neue Bürge… | |
WASHINGTON taz | Es war der wichtigste Wahltag des Jahres 2013 in den USA. | |
Und vielerorts votierten die WählerInnen vor allem für eines: Veränderung. | |
New York City bekommt nach 20 Jahren wieder einen demokratischen | |
Bürgermeister. Bill de Blasio, der mit fast 50 Prozentpunkten Vorsprung | |
hoch gewonnen hat, will die Kungeleien seines Amtsvorgängers mit der Wall | |
Street und Immobilienkonzernen beenden. | |
In Virginia wechselt das Amt des Gouverneurs von republikanischen in | |
demokratische Hände. Doch der im Wahlkampf von Präsident Obama und von den | |
Clintons unterstützte Demokrat Terry McAuliffe schaffte nur einen | |
Prozentpunkt mehr als sein Tea-Party-Rivale. | |
Und in der bankrotten einstigen Autohauptstadt zieht nach mehr als 50 | |
demokratischen Jahren erstmals wieder ein Republikaner ins Rathaus. Mike | |
Duggan ist zugleich der erste weiße Bürgermeister von Detroit seit 40 | |
Jahren. | |
Kontinuität herrscht nur im Bundesstaat New Jersey. Dort hat der scheidende | |
republikanische Gouverneur Chris Christie mit mehr als 20 Prozentpunkten | |
Vorsprung gewonnen. Christie positioniert sich damit ganz oben für eine | |
republikanische Präsidentschaftskandidatur im Jahr 2016. | |
## Mehr Geld für Bildung | |
Bill de Blasio bekam in New York City nach dem vorläufigen Endergebnis 73 | |
Prozent der Stimmen – gegenüber 25 Prozent für den Republikaner Joe Lhota. | |
Der 52-jährige de Blasio hat der größten Stadt der USA eine „progressive | |
Wende“ versprochen. Er will die öffentlichen Krankenhäuser retten, die | |
„Stop and Frisk“-Körperkontrollen beenden, die vor allem afroamerikanische | |
Männer und Latinos treffen und die Reichen stärker besteuern. | |
Das höhere Steuereinkommen soll zur Finanzierung von Kindergartenplätzen | |
für alle Vorschulkinder und Nachmittagsschulprogramme dienen. | |
Unter anderem will de Blasio in New York, wo immer mehr Beschäftigte wegen | |
der hohen Mieten in weit entfernte Vororte pendeln müssen, 200.000 | |
Sozialwohnungen bauen. Im Wahlkampf hat de Blasio auch seine multiethnische | |
Familie – seine afroamerikanische Frau Chirlane McCray und die beiden | |
gemeinsamen Kinder – beteiligt. Als Symbol für die Veränderung, die er | |
meint. | |
## Christie, der pragmatische Krisenmanager | |
Auch der Wahlsieg des zweiten starken Mannes des Tages kam wenig | |
überraschend. Im Sturm „Sandy“, der vor einem Jahr ganze Küstenorte in New | |
Jersey zerstört hat, bewies sich Chris Christie, 51, als erfolgreicher | |
Krisenmanager. Damals arbeitete er eng mit Barack Obama zusammen. Tauschte | |
an Katastrophenorten Komplimente mit ihm aus. Und begrüßte jede Hilfe aus | |
Washington. Gleichzeitig machten radikal rechten Tea Partier landesweit | |
Kampagnen gegen das „Geld aus Washington“. | |
Christies Popularität in New Jersey ist seit „Sandy“ kontinuierlich hoch | |
geblieben. Am Dienstag bekam er 60 Prozent der Stimmen. Und lag damit 21 | |
Prozent vor Barbara Buono. Dass Christy seine Amtszeit als Governor in New | |
Jersey beenden wird, ist unwahrscheinlich. Er macht keinen Hehl daraus, | |
dass er US-Präsident werden möchte. | |
## Virginia, ein Fall für sich | |
In dem Bundesstaat, den nur der Potomac-Fluss von Washington trennt, wo | |
früher die Plantagenbesitzer und Sklavenhalter den Ton bestimmten und wo | |
sich heute rund ums Pentagon in Nord-Virginia Militärs und | |
Rüstungsproduzenten scharen, weht ein scharfer konservativer Wind. In | |
seinem Wahlkampf hat der Tea Party-Republikaner Ken Cuccinelli das Recht | |
auf Abtreibung, die Famlienplanungszentren und die homosexuelle Ehe | |
attackiert. | |
In der Schlussphase jedoch setzte er vor allem auf die Kritik an | |
„Obamacare“ – die Reform für eine erschwingliche Gesundheitsversorgung. | |
Damit hat er zwar nicht gesiegt. Aber er konnte den Demokraten McAuliffe, | |
dem die Umfragen noch im Hochsommer einen zweistelligen Sieg in Aussicht | |
stellten, in die Enge treiben. Im Endspurt überquerten sowohl die Clintons, | |
als auch Präsident Obama den Potomac-Fluss, um McAuliffe zu unterstützen. | |
Er bekam 47 Prozent der Stimmen. Gegenüber 46 für den Tea-Party-Mann. Die | |
übrigen Stimmen gingen an den rechten Libertären Robert Sarvis. | |
Ein Signal für die republikanische Partei, das weitreichende Folgen für | |
kommende KandidatInnen küren haben könnte, kommt von einer kleinen Wahl im | |
tiefen Süden. In Alabama hat am Dienstag eine Stichwahl für eine | |
republikanische Kandidatur für das Repräsentantenhaus stattgefunden. Dabei | |
standen sich ein Kandidat des „Establishments“ der Partei und ein Tea | |
Partier gegenüber. Beide kritisieren die Gesundheitsreform. Aber der | |
„moderate“ Bradley Byrne kritisierte die radikalen Methoden der Tea Party �… | |
insbesondere die parzielle Stillegung der Regierung. Er gewann in dem | |
erzkonservativen Bezirk mit klaren 53 Prozent. | |
6 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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