# taz.de -- US-Gesundheitsministerin tritt zurück: 1808 Tage durchgehalten | |
> Die US-Gesundheitsministerin Kathleen Sebelius ist zurückgetreten – weil | |
> die Gesundheitsreform ihres Chefs Panne an Panne reiht. | |
Bild: Sebelius war wegen des Chaos um die Gesundheitsreform „Obamacare“ ber… | |
NEW YORK taz | 1808 Tage lang hat Kathleen Sebelius den Kopf hingegehalten, | |
um die umstrittenste Reform der letzten Jahrzehnte in den USA durch Stürme | |
und Pannen zu begleiten. Am Donnerstag hat die Gesundheitsministerin ihren | |
Rücktritt erklärt. | |
Wenige Tage zuvor konnte Barack Obama einen Erfolg aus dem Kernstück seiner | |
Politik vermelden: Mehr als 7,5 Millionen Menschen haben bis 31. März eine | |
neue Krankenversicherung abgeschlossen – das sind mehr, als ursprünglich | |
erwartet. Als der Präsident das Ereignis vom Rosengarten des Weißen Hauses | |
aus verkündete, stand die silberhaarige Gesundheitsministerin schon nicht | |
mehr neben ihm. | |
Sebelius Rücktritt erfolgt sechs Monate nachdem die Webseite für die | |
Gesundheitsreform wegen hausgemachter elektronischer Fehler wochenlang | |
nicht funktionierte. [1][Healthcare.gov] war blockiert, schmiss | |
BewerberInnen für eine neue Krankenversicherung heraus, oder baute sich | |
erst gar nicht auf den Bildschirmen von InteressentInnen auf. „Kathleen | |
Sebelius ist nicht die Internet-Expertin dieser Regierung“, sagte Obama | |
damals. Öffentlich hat er seine Gesundheitsministerin nicht kritisiert. | |
Sebelius, einst Gouverneurin von Kansas, war im Wahlkampf 2008 eine von | |
Obamas ersten starken UnterstützerInnen gegen Hillary Clinton. Aber hinter | |
den Kulissen soll Obama wütend über die Pannenserie bei der Einführung der | |
Webseite gewesen sein. Bei Hearings im US-Kongress und in Interviews | |
übernahm die Gesundheitsministerin tapfer die die volle Verantwortung. „Ich | |
bin rechenschaftspflichtig“, sagte sie. | |
„Erschwingliche Gesundheitsversorung“ heißt die Reform, für deren | |
Einführung und Umsetzung sie zuständig war, offiziell. Sie soll zig | |
Millionen von NiedrigverdienerInnen und Nichtversicherten Zugang zu | |
Versicherung und medizinischer Versorgung verschaffen. | |
## Sozialismus und Diktat | |
Sie schafft eine Versicherungspflicht für die Mehrheit der US-BürgerInnen. | |
Sie beendet die Ausschlussregelungen, mit denen Versicherungen es zuvor | |
ablehnen konten, RisikopatientInnen zu akzeptieren. Und sie verpflichtet | |
Versicherungen, junge Leute, die noch in der Ausbildung sind, bis zum Alter | |
von 26 zu behalten. | |
Republikanische Oppositionelle liefen von Anfang an Sturm gegen die Reform. | |
Sie nannten sie: „Diktat“, und: „Sozialismus“ und „Obamacare“. Such… | |
immer neue Wege, sie juristisch anzufechten - unter anderem, weil es gegen | |
die Meinungsfreiheit von religiösen ArbeitgeberInnen verstoße, wenn sie | |
ihren Beschäftigten Versicherungen zahlen müssen, die auch für Verhütung | |
sorgen. Und sie bestritten mehrere Wahlkämpfe mit der Verteidigung des | |
"freien Amerikas" gegen "Obamacare". | |
Vor den im November anstehenden Kongresswahlen, den sogenannten | |
Halbzeitwahlen, schwingen die RepublikanerInnen erneut die Keule | |
„Obamacare“. Gegenwärtig argumentieren sie, dass Versicherte ihre alten | |
Ärzte verlieren und dass sie höhere Beiträge zahlen müssen. | |
Von dem Rücktritt der Gesundheitsministerin wollen sie sich nicht | |
beeindrucken lassen. „Egal, wer das Ministierum führt, Obamacare bleibt | |
eine Katastrophe“, erklärt Reince Priebus, Chef des Republican National | |
Committee. | |
Als Nachfolgerin von Sebelius, die es trotz der Anfechtungen 500 Tage | |
länger als die meisten GesundheitsministerInnen im Amt ausgehalten hat, | |
nominierte Präsident Obama seine gegenwärtige Haushaltschefin im Weißen | |
Haus, Sylvia Mathews Burwell. Bevor die 48-jährige Burwell übernehmen kann, | |
muss jedoch noch der Senat zustimmen. | |
11 Apr 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.healthcare.gov | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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