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# taz.de -- Notunterkünfte für Asylsuchende: Kirche knickt ein
> Die Nordkirche kann 35 Wohncontainer für Lampedusa-Flüchtlinge aufstellen
> – wenn die sich namentlich melden.
Bild: Hier könnte bald auch ein Wohncontainer stehen: St. Pauli-Kirche.
HAMBURG taz | Die Nordkirche kann 35 beheizte Wohncontainer für die
Lampedusa-Flüchtlinge in den Gemeinden St. Pauli, Ottensen und Sülldorf
aufstellen. In ihnen können die 80 Flüchtlinge untergebracht werden, die
derzeit in der unbeheizten St.-Pauli-Kirche übernachten. Entsprechende
Bauanträge hat die Bezirksversammlung Altona am Donnerstagabend gegen den
erklärten Willen des SPD-Senats einstimmig beschlossen.
„Wir sind froh, dass die St.-Pauli-Kirche entlastet wird, denn die Zustände
im Kirchenraum sind schon jetzt unzumutbar“, sagt Mathias Benckert,
Pressesprecher der Nordkirche. Ob die Container jedoch jemals aufgestellt
werden und dort Flüchtlinge unterkommen, ist inzwischen fraglich, da die
Kirche in Verhandlungen mit dem Senat eingeknickt ist.
Eine Auflage zu den Bauentscheidungen, die in separater Abstimmung gegen
die Stimmen der Linksfraktion beschlossen wurde, sieht vor, dass sich die
Nordkirche verpflichtet, die Namen der untergebrachten Flüchtlinge zwecks
Erfassung an die Behörden zu melden. Ein Outing lehnen die 300 vor dem
libyschen Bürgerkrieg geflohenen Afrikaner, die sich als Gruppe „Lampedusa
in Hamburg“ organisiert haben, jedoch ab, weil ihnen dann die Abschiebung
drohen könnte.
Um das Prozedere in Altona hatte es im Vorfeld viele taktische Tricksereien
und auch juristische Kontroversen gegeben. Hintergrund war ein Brief des
Staatsrats in der Stadtentwicklungsbehörde, Michael Sachs, der die neue
Bezirksamtsleiterin Liane Melzer (beide SPD) beamtenrechtlich anweisen
wollte, den Beschluss zu verhindern, weil sie damit „Illegalität“
unterstütze. CDU und Linkspartei hatten beantragt, das Aufstellen der
Wohncontainer „ohne Auflagen“ zu genehmigen.
Dabei konnte sich die Linkspartei auf eine Expertise der
Verwaltungsrechtlerin und Hamburgischen Verfassungsrichterin Cornelia
Ganten-Lange stützen, die sagt, eine solche Weisung nach Paragraf 45
Bezirksverwaltungsgesetz dürfe nicht als „Instrument zur Durchsetzung
kontroverser politischer Entscheidungen“ eingesetzt werden, sondern nur im
„absoluten Ausnahmefall“ in einer Art „Notstandssituation“.
Die rot-grüne Mehrheit änderte das Procedere dahingehend ab, dass die
Bauanträge doch mit Meldeauflage versehen wurden – wie es heißt aus
pragmatischen Gründen, um die Container schnell aufstellen zu können. Auch
wenn das über das Baurecht gar nicht möglich ist. „Wenn wir eine Garage
genehmigen, können wir auch nicht sagen, da dürfen nur rote Autos rein“,
sagte der Altonaer SPD-Bezirkspolitiker Mark Classen der taz. Da die
Auflage ja nun ein separater Verwaltungsakt sei, könnte die Kirche gut
dagegen klagen.
Doch gerade das wird die Kirche nach taz-Informationen nicht machen. „Wer
nicht seine Personalien angibt, kann nicht in die Container“, ist aus
Kirchen-Kreisen zu hören. „Inzwischen gibt es eine klare Zusage des
Innensenators, die den Flüchtlingen während des Antragsverfahrens und
während eines möglichen Widerspruchsverfahrens eine Duldung zusichert“,
sagt Kirchensprecher Benckert. Damit gebe es auch eine klare Grundlage
dafür, die Flüchtlinge in städtischen Einrichtungen unterzubringen – und
nicht in den Containern.
25 Oct 2013
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
SPD-Parteitag
Hamburg
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Asylpolitik
Migration
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