# taz.de -- Verhandlungen in Genf: Atomgespräche mit Iran vertagt | |
> Lange sah es nach Fortschritten aus. Dann kam es doch nicht zur Einigung | |
> über das iranische Atomprogramm. Eine Lösung soll dennoch erreichbar | |
> sein. | |
Bild: Auch um diese Anlage geht es: AKW Buschehr | |
GENF taz | Die Genfer Verhandlungen über das iranische Atomprogramm sind | |
trotz Teilnahme der Außenminister der fünf Vetomächte des | |
UN-Sicherheitsrates und Deutschlands (P5+1) in der Nacht zum Sonntag ohne | |
die zuvor erhoffte Einigung vertagt worden. Neben unüberbrückbaren | |
Gegensätzen in Details zwischen der P5+1 und Iran wurden bei den | |
dreitägigen Gesprächen auch Differenzen innerhalb der P5+1 deutlich. Am 20. | |
November sollen die Verhandlungen von den politischen Direktoren der | |
Außenministerien fortgesetzt werden. | |
Ziel dieser Verhandlungsrunde war eine Übergangsvereinbarung, unter der | |
Iran für sechs Monate diejenigen Aktivitäten seines Atomprogramms | |
unterbricht, die zur Entwicklung von Atomwaffen dienen könnten. Im Gegenzug | |
sollten die USA und die EU einige ihrer gegen Iran verhängten Sanktionen | |
suspendieren sowie einen Teil der eingefrorenen iranischen Auslandsguthaben | |
freigeben. | |
Grundsätzliche Einigung war erzielt, daß Teheran die Anreicherung von Uran | |
auf 20 Prozent einstellt und die bereits auf diesen Grand angereicherten | |
Vorräte von rund 240 Kilo entweder der Kontrolle der Internationalen | |
Atomenergieorganisation (IAEO) unterstellt, oder in Brennstäbe für | |
Kernkraftwerke zur Energiegewinnung umwandelt. | |
Doch in der Frage, wie die Gewinnung von für Atomwaffen nutzbares Plutonium | |
in dem derzeit noch im Bau befindliche Schwerwasserreaktor in Arak | |
verlässlich ausgeschlossen werden kann, blieben die Differenzen | |
unüberbrückbar. | |
## Kontroverse um Aussetzung von Sanktionen | |
Frankreichs Außenminister Laurent Fabius bestand in Genf darauf, dass Iran | |
den Weiterbau der Anlage stoppt. Das lehnte Irans Außenminister Mohammed | |
Dschawad Sarif ab. Den Außenministern der USA, Rußlands, Chinas, | |
Großbritanniens und Deutschlands hätte eine Vereinbarung mit Teheran | |
genügt, mit der eine Inbetriebnahme des Schwerwasserreaktors durch seine | |
Befüllung mit Kernbrennstoffen verläßlich ausgeschlossen würde. Dazu wäre | |
Teheran bereit. | |
Auch bei der Frage einer vorrübergehenden Aussetzung einiger Sanktionen | |
zeigten sich Differenzen innerhalb der P5+1. Die Obama-Administration | |
braucht für derartige Maßnahmen zwar einerseits die Zustimmung des | |
Kongresses. Andererseits kann sie die Sanktionslockerungen auch leichter | |
und schneller wieder rückgängig machen sowie zusätzliche Sanktionen | |
verhängen, sollte Teheran sich nicht an die Übergangsvereinbarung halten. | |
In der EU hingegen müßte dafür erst der Konsens unter allen 28 | |
Mitgliedsstaaten gefunden werden. | |
## Für Paris gehen Maßnahmen nicht weit genug | |
Die Differenzen zwischen den westlichen Mitgliedern der P5+1 wurden auch in | |
einer gemeinsamen Pressekonferenz aller sieben Außenminister und der als | |
Verhandlungsleiterin fungierenden EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in | |
der Nacht zum Sonntag deutlich. Ashton erklärte, es habe „in einigen | |
Punkten konkrete Fortschritte gegeben“, aber es seien „auch Differenzen | |
geblieben“. | |
Frankreichs Außenminister Fabius betonte hingegen, die vorgeschlagenen | |
Maßnahmen gingen „nicht weit genug“. Teheran sperre sich gegen eine Reihe | |
von Zugeständnissen, die im Gegenzug für die Lockerung der Sanktionen gegen | |
das Land nötig seien. US-Außenminister Kerry unterstrich, es habe einen | |
„bedeutenden Fortschritt“ gegeben. Einige wichtige Themen müssten nun | |
ausgearbeitet werden. „Wir sind den Franzosen dankbar für die Arbeit, die | |
wir zusammen geleistet haben“, fügte er hinzu. | |
## Iran beharrt auf Anreicherung | |
Nach der Vertagung der Verhandlungen hat Irans Präsident Hassan Ruhani auf | |
dem Recht seines Landes auf Urananreicherung bestanden. „Es gibt rote | |
Linien, die nicht überschritten werden dürfen“, sagte Ruhani nach Angaben | |
der iranischen Nachrichtenagentur Isna am Sonntag im Parlament in Teheran. | |
Dazu gehörten die Nutzung von Atomenergie gemäß internationalen Rechts, was | |
die „(Uran-)Anreicherung auf iranischem Boden“ einschließe. | |
Medienberichten zufolge wäre der Iran bereit, im Gegenzug für die Lockerung | |
der Sanktionen die Urananreicherung auf 20 Prozent zu stoppen, die | |
bestehenden Bestände zu reduzieren und den Bau seines Schwerwasserreaktors | |
zunächst auszusetzen. Die Urananreicherung auf einen niedrigeren Grad wäre | |
demnach möglich. Irans Außenminister Sarif sagte, er hoffe, die | |
Unstimmigkeiten würden beim nächsten Treffen am 20. November beigelegt. | |
## Israels Kampagne gegen die angestrebte Einigung | |
Gegner einer Einigung ist Israel. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu | |
lehnte einen möglichen Iran-Deal „voll und ganz“ ab. Die israelische | |
Regierung will nicht tatenlos zusehen, wie die USA und andere Mächte ein | |
Atomabkommen mit dem Iran schließen. | |
Noch vor der nächsten Gesprächsrunde zwischen der 5+1-Gruppe werde er bei | |
US-Kongressmitgliedern eine Kampagne gegen die angestrebte Einigung | |
starten, sagte Wirtschaftsminister Naftali Bennett dem israelischen | |
Militärrundfunk. Der Chef der siedlernahen Partei Jüdisches Heim will | |
demnach bereits am Dienstag in die USA reisen. | |
Bennett stellte fest, es gebe „Differenzen“ mit der Regierung von | |
US-Präsident Barack Obama. Bei seinem Besuch in Washington wolle er | |
persönlich dutzenden US-Kongressmitgliedern darlegen, dass im Falle einer | |
Lockerung der Haltung gegenüber Teheran „die Sicherheit Israels auf dem | |
Spiel steht“. | |
„Wenn in zehn Jahren eine in einem Koffer versteckte Atombombe in New York | |
explodiert oder eine Atomrakete in Rom einschlägt, wird man sagen können, | |
dass all das wegen der Konzessionen passiert ist, die gemacht wurden“, | |
warnte Bennett mit Blick auf eine veränderte Iran-Politik der USA und | |
anderer westlicher Staaten. | |
Der israelische Vize-Verteidigungsminister Danny Danon sagte im | |
israelischen Rundfunk, in zweieinhalb Jahren gebe es „jemand anderen im | |
Weißen Haus“. „Wenn wir keine Wahl haben, wird Israel handeln, für so etw… | |
haben wir eine Luftwaffe geschaffen“, fügte er hinzu. Israel hatte in der | |
Vergangenheit wiederholt mit einem Luftangriff auf iranische Atomanlagen | |
gedroht. (mit ap/afp) | |
10 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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