| # taz.de -- China reformiert Justizsystem: Das Ende der Gulags | |
| > Die Umerziehungs- und Arbeitslager werden abgeschafft. Außerdem wird die | |
| > Ein-Kind-Politik gelockert. All dies soll die Menschenrechte verbessern. | |
| Bild: Scheint seine Ankündigungen umzusetzten: Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinpi… | |
| PEKING taz | Versprochen hatte Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinping das | |
| bereits zu seinem Amtsantritt vor einem Jahr: Das Ende von Laojiao, Chinas | |
| berüchtigtem Arbeits- und Umerziehungslager. Nun macht er endlich Ernst. | |
| Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhau vermeldet am späten Freitagabend | |
| Ortszeit, dass das System der „Umerziehung durch Arbeit“ abgeschafft werde. | |
| Diese Entscheidung sei Teil einer umfassenden Reform des chinesischen | |
| Justizsystems, mit denen die „Menschenrechte“ verbessert würden. | |
| Die Entscheidung sei am vergangenen Wochenende im Rahmen des Dritten | |
| Plenums des 18. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei gefallen, heißt | |
| es. Auf diesem Parteikongress soll es zu einer Reihe von grundsätzlichen | |
| Beschlüssen gekommen sein. Details sind aber noch nicht bekannt. | |
| Die jetzige chinesische Führung bestreitet keineswegs, dass es im Land | |
| Defizite bei den Menschenrechten gebe. Sie argumentiert bloß, bis | |
| Menschenrechte im westlichen Sinne eingeführt werden könnte, bräuchte China | |
| Zeit. Den meisten Chinesen mangele es an Rechtsbewusstsein. | |
| Arbeitslager waren in den fünfziger Jahren unter Herrschaft von Mao Zedong | |
| eingeführt worden, um unter anderem Oppositionelle gefügig zu machen. Das | |
| ist auch heute noch der Fall. Offizielle Zahlen gibt es zwar nicht. Doch | |
| Menschenrechtsgruppen gehen davon aus, dass noch immer bis zu 400.000 | |
| Menschen in mehr als 300 Lagern festgehalten und zu Zwangsarbeit | |
| verpflichtet werden. | |
| ## Willkür und Misshandlungen | |
| Immer wieder berichten ehemalige Häftlinge von Willkür und grausamen | |
| Misshandlungen. Bis zu vier Jahre Strafarbeit können verhängt werden – ohne | |
| Prozess oder richterliches Urteil. Chinesische Dissidenten gehen sogar | |
| landesweit von mehreren Millionen Menschen in mehr als tausend Lagern aus, | |
| unter anderem auch Anhänger der in China verbotenen Sekte Falun Gong. | |
| Anfang des Jahres gab es bereits Andeutungen, dass die neue Führung um Xi | |
| Jinping diese Lager abschaffen würde. Konkret wurden sie nicht. Und auch | |
| jetzt ist noch kein genauer Zeitpunkt genannt. Die Ankündigungen klingen | |
| aber glaubhaft. Xi Jinpings eigener Vater, ein ranghoher KP-Kader der | |
| ersten Stunde, fiel während der Kulturrevolution zwischen 1966 und 1976 bei | |
| Mao in Ungnade und musste ebenfalls viele Jahre in einem Umerziehungslager | |
| verbringen. | |
| Die Umerziehungslager sind denn auch nur die Spitze der Strafwillkür in der | |
| Volksrepublik. In China gibt es weiterhin sogenannte schwarze Gefängnisse, | |
| geheime Hafteinrichtungen, in denen Bürger ebenfalls ohne richterlichen | |
| Beschluss verschleppt werden. Dabei hatte der Nationale Volkskongress vor | |
| anderthalb Jahren schon mal beschlossen, dass die Inhaftierten innerhalb | |
| von 48 Stunden mit einem Anwalt sprechen dürfen. Das wäre ein deutlicher | |
| Fortschritt in der chinesischen Gesetzgebung gewesen. | |
| Doch auch diese Regelung lässt Willkür zu. Wird etwa die Gefährdung der | |
| nationalen Sicherheit vermutet, dürfen Sicherheitskräfte Verdächtige auch | |
| weiterhin monatelang an geheimen Orten festhalten. Erste Reaktionen von | |
| Regimekritikern im chinesischen Internet zum angekündigten Ende von Laojiao | |
| fallen auch eher verhalten aus. „Wir sollten abwarten, was die Praxis | |
| zeigt“, schreibt ein Mikroblogger auf dem Kurznachrichtendienst [1][Weibo]. | |
| ## Nicht die einzige Sensation | |
| Das Ende von Laojiao wäre nicht die einzige Sensation im autoritären China. | |
| Ebenfalls am Freitagabend kündigte die Nachrichtenagentur Xinhua eine | |
| deutliche Lockerung der Ein-Kind-Politik an, die es seit inzwischen mehr | |
| als 30 Jahren jungen Ehepaaren verbietet, mehr als ein Kind zu haben. Zwar | |
| gingen die Behörden in den vergangenen Jahren nicht mehr ganz so restriktiv | |
| vor und erlaubten zwei Kinder, wenn beide Elternteile bereits Einzelkinder | |
| waren. | |
| Doch trotzdem ist es immer wieder zu staatlich verordneten | |
| Zwangsabtreibungen gekommen. Die neue Bestimmung sieht vor, dass Paare, bei | |
| denen einer von ihnen Einzelkind ist, künftig zwei Kinder bekommen dürfen. | |
| Ein offizielles Ende der Ein-Kind-Politik ist damit zwar noch nicht | |
| vollzogen. Faktisch aber läuft es darauf hinaus. Es gibt in China kaum noch | |
| Paare, von denen nicht mindestens einer von ihnen ein Einzelkind ist. | |
| 15 Nov 2013 | |
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| [1] http://www.weibo.com/ | |
| ## AUTOREN | |
| Felix Lee | |
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