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# taz.de -- Kommentar Spanien: Auf dem Weg in die Diktatur
> Ein neues Gesetz in Spanien soll die sozialen Proteste unterbinden. Es
> scheint, als wolle sich die EU eine Demokratie nicht mehr leisten.
Bild: Alles wird plattgemacht in Spanien: der Sozialstaat, die erkämpften Rech…
„Nicht mehr, sondern besser bestrafen“, so kommentiert das spanische
Innenministerium ein so eben ausgearbeites [1][Gesetz zur Regelung der
öffentlichen Ordnung]. Wer vor dem Parlament oder dem Senat demonstriert
oder dazu aufruft, soll dafür mit Bußgeldern von bis zu 600.000 Euro belegt
werden.
In Madrid sollen nicht nur die sozialen Prosteste unterbunden werden,
sondern auch die Armut per Geldstrafen beseitigen. Wer auf der Straße
schläft, Parkbänke für etwas anderes benutzt als zum Sitzen oder sich mit
Straßenmusik etwas Kleingeld in der Krise verdienen möchte, kann künftig
mit Strafzetteln von bis zu 750 Euro rechnen. Beschwert er sich, kann dies
für Beleidigung oder Bedrohung des Polizisten gleich weitere 30.000 Euro
einbringen.
Spanien erleidet die Folgen der europäischen Stabilitätspolitik. Alles wird
plattgemacht: der Sozialstaat, die erkämpften Rechte auf dem Arbeitsmarkt,
Bildung, Gesundheit. Doch solange die makroökonomischen Zahlen stimmen, ist
Brüssel zufrieden, allen voran Kanzlerin Angela Merkel und ihr
Finanzminister Wolfgang Schäuble. Spanien sei aus dem Gröbsten heraus,
heißt es in den letzten Tagen immer öfter. Es gehe aufwärts mit Europa und
dem Euro.
Das ist reiner Zynismus. Anders als die Banken, die in Spanien jubeln, dass
das Geld wieder fließt, verarmen die Menschen. Über sechs Millionen
Arbeitslose, zehntausend Wohnungen werden pro Monat zwangsgeräumt, das sind
nur zwei Eckdaten. Dass jetzt auch noch die Opfer dieser Politik und
diejenigen, die dagegen protestieren, mit aberwitzigen Bußgeldern belegt
werden sollen, macht fast sprachlos.
„Gegen das Diktat der Märkte“, so lautet einer der Slogans, die immer
wieder auf Demonstrationen skandiert werden. Es ist mehr als ein Diktat.
Spanien befindet sich auf dem Weg zu einer Diktatur. Sicher, es fand kein
Putsch statt, und auch das Parlament gibt es noch. Das aber verteidigt die
bürgerlichen Rechte nicht mehr. Und Brüssel schaut weg – wie bei Ungarn
auch.
Aus Angst vor der Meinung der Bürger – oder besser Untertanen – will sich
die EU die Demokratie wohl nicht mehr leisten. Eine Radikalisierung und
eine zunehmende EU-Feindlichkeit sind damit vorprogrammiert.
21 Nov 2013
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## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
Krise
Sozialproteste
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