# taz.de -- Hungerstreik in Spanien: Gegen die Märkte, gegen die Politik | |
> „Die Menschen sind wie Schafe“, sagt ein junger spanischer Aktivist. Mit | |
> seinem Hungerstreik im Zentrum von Madrid will er aufrütteln. | |
Bild: Hungert gegen die Sparpolitik in Spanien: Jorge Arzuaga. | |
MADRID taz | Jorge Arzuaga möchte die Menschen aufrütteln. Deshalb befindet | |
sich der 25-jährige Ingenieur aus Bilbao seit dem spanischen | |
Nationalfeiertag, dem 12. Oktober, im Hungerstreik. Für seine Aktion, mit | |
der er den Rücktritt der konservativen spanischen Regierung fordert, hat er | |
sich einen symbolträchtigen Platz ausgesucht. Arzuaga sitzt mitten auf der | |
Puerta del Sol, wo im Frühjahr 2011 ein großes Protestcamp gegen die | |
spanischen Verhältnisse stand. | |
„Korruption, Arbeitslosigkeit, die Zwangsräumungen von Wohnungen - Gründe | |
gibt es genug“, erklärt der junge Mann, dem sich mittlerweile drei weitere | |
AktivistInnen angeschlossen haben. „Demokratie gibt es nur für die Märkte | |
und die Banken, die jeden Tag bestimmen, was passiert. Wir wählen alle vier | |
Jahre und danach belügen und betrügen sie uns. Sie treten unsere Würde mit | |
den Füßen“, sagt Arzuaga, der für die Aktion eigens in die „Zentrale der | |
Macht“ gekommen ist. | |
Der Sohn zweier Bankangestellter, der in seiner Studienzeit als | |
freiwilliger in humanitären Projekten in Indien, Peru und Spanien | |
arbeitete, fühlt sich dem 15-M zugehörig, der Bewegung der Empörten, die | |
von jenem Protestcamp 2011 ihren Ausgang nahm. Doch Versammlungen und | |
Debatten ist er leid. Deshalb will er mit seinem Hungerstreik ein Zeichen | |
setzen. „Die Menschen sind resigniert und wie die Schafe“, sagt er. | |
Auf Pappschildern fordert Arzuaga die Passanten auf, ihre Gründe für ihre | |
Unzufriedenheit mit der Politik in der Krise zu nennen. So mancher bleibt | |
tatsächlich stehen. Die Gespräche kreisen dann immer um die gleichen | |
Themen: Arbeitslosigkeit, Kürzungen im Sozialbereich, Schul- und | |
Gesundheitswesen, die Wohnungskredite, die nicht mehr abbezahlt werden | |
können, die immer niedrigeren Löhne, Massenentlassungen - jeder hat seine | |
eigenen Probleme oder kennt jemanden, der der Sparpolitik zum Opfer | |
gefallen ist. | |
„Die Regierung macht, was Deutschland vorgibt“, schimpft Arzuaga. „Aber | |
schau mal in dein Land, klar gibt es dort Arbeit oft zu völlig prekären | |
Bedingungen. Was sie wollen, ist dass wir völlig entwaffnet den | |
Unternehmern ausgesetzt sind“, ist sich Arzuaga sicher. | |
Wie lange will er noch durchhalten, ohne Essen, nur mit isotonischen | |
Getränken? „Lange wird das nicht mehr sein. Ich bin seit über fünf Wochen | |
im Hungerstreik. Wenn ich darauf warte, dass die Regierung geht, sterbe | |
ich“, sagt der junge Mann. Und den Gefallen wolle er ihnen nicht tun: „Viel | |
zu viele Menschen haben sich in der Krise bereits das Leben aus | |
Verzweiflung genommen, oder sind gestorben, weil in den Krankenhäusern | |
gespart wird.“ | |
19 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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