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# taz.de -- Nach jahrelangen Gesprächen: Der Bombenerfolg von Genf
> Der Iran hat sich mit der internationalen Gemeinschaft darauf geeinigt,
> sein Atomprogramm vorerst auf Eis zu legen. Sanktionen werden gelockert.
Bild: Da umarmt jeder jeden, in diesem Fall US-Außenminister John Kerry die EU…
GENF taz | Historischer Durchbruch im seit zehn Jahren eskalierenden Streit
über das iranische Atomprogramm: Teheran verpflichtet sich zur Einstellung
sämtlicher Aktivitäten, die zu einer vom Atomwaffensperrvertrag verbotenen
Entwicklung von Atomwaffen dienen könnten.
Sämtliche Nuklearanlagen Irans werden danach einer strikten
Dauerüberwachung durch Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde
(IAEA) unterworfen. Im Gegenzug suspendieren die USA und die EU vorläufig
einige ihrer gegen Teheran verhängten Wirtschaftssanktionen und geben einen
kleinen Teil der eingefrorenen iranischen Auslandsguthaben frei.
Diese Vereinbarung wurde in der Nacht zum Sonntag nach viertägigen
Verhandlungen zwischen den Außenministern Irans und der Staatengruppe P5+1
(die fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrates und Deutschland) in Genf
erzielt. Sie gilt für zunächst sechs Monate mit der Option der
Verlängerung.
Laut Vereinbarung wollen die beiden Seiten bis spätestens November 2014 ein
umfassendes Abkommen zur endgültigen Beilegung des Konflikts um das
iranische Nuklearprogramm aushandeln. Auch dieses Abkommen soll
Beschränkungen und Kontrollen des Programms enthalten, mit denen eine
Entwicklung von Atomwaffen verlässlich und dauerhaft ausgeschlossen werden
kann. Im Gegenzug sollen dann alle Sanktionen endgültig aufgehoben werden,
die die USA, die EU und der UN-Sicherheitsrat seit 2006 gegen den Iran
verhängt haben.
Iran wird Uran in den nächsten sechs Monaten nur noch auf die zur
Stromerzeugung in Atomkraftwerken erforderliche Höhe von 3,5 bis maximal 5
Prozent anreichern. Die bislang für medizinische Forschungszwecke
betriebene Anreicherung auf 20 Prozent muss eingestellt werden. Die bereits
produzierten rund 240 Kilogramm 20-prozentiges Uran sollen je zur Hälfte zu
Brennstäben für den medizinischen Forschungsreaktor verarbeitet oder wieder
auf den Anreicherungsgrad von 5 Prozent verdünnt werden.
## Keine neuen Zentrifugen
Diese Verpflichtungen Teherans waren für die P5+1 unverzichtbar, weil sich
bereits auf 20 Prozent angereichertes Uran sehr schnell auf die für den Bau
von Atomwaffen erforderliche Höhe von 90 Prozent anreichern lässt. Mit den
bereits produzierten 240 Kilogramm 20-Prozent-Uran könnte so Spaltmaterial
für zwei Atomsprengköpfe gewonnen werden.
Mit der Vereinbarung wird auch die weiterhin erlaubte Anreicherung von Uran
auf maximal 5 Prozent begrenzt. Denn Teheran verpflichtete sich, in den
beiden Anreicherungsanlagen Natans und Fordo keine neuen Zentrifugen zu
installieren und bereits bestehende nur zum Teil in Betrieb zu nehmen.
Mit der Vereinbarung unterwirft sich Teheran strikten Kontrollen, die weit
über Irans Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag hinausgehen: Die
Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Behörde IAEA erhalten täglichen
Zugang - nicht nur zu den Anreicherungsanlagen Natans und Fordo, sondern
auch zu den Produktions-und Lagerstätten der Zentrifugen sowie zu den
iranischen Uranminen und Anlagen zur Verarbeitung von Natururan.
Auch der zweite denkbare Weg zur Gewinnung von Spaltmaterial für Atomwaffen
wird durch die Vereinbarung versperrt: Die IAEA-Inspektoren dürfen den noch
im Bau befindlichen Schwerwasserreaktor in Arak wesentlich häufiger
besichtigen als bisher. Teheran verzichtet nicht nur auf eine
Inbetriebnahme dieser Anlage, sondern erklärt sich auch zur Einstellung der
Bauarbeiten bereit. Darauf hatte insbesondere Frankreich gedrungen, weil in
Arak die Möglichkeit zur Produktion von atomwaffenfähigem Plutonium
bestünde. Schließlich verpflichtet sich der Iran, innerhalb der nächsten
drei Monate der IAEA die schon seit Jahren vergeblich verlangten
Baudokumente und Unterlagen zum Betriebsablauf sämtlicher Nuklearanlagen
des Landes zu übergeben.
## Hartes Sanktionsregime
Im Gegenzug wollen die USA und die EU eingefrorene iranische
Auslandsguthaben in Höhe von rund 5,1 Milliarden US-Dollar freigeben. Zudem
sollen einige Sanktionen gegen die iranische Automobilindustrie, Gold und
Edelmetalle sowie gegen den Export petrochemischer Güter vorläufig
aufgehoben werden. Iranische Fluglinien sollen wieder Zugang zu
Ersatzteilen und Wartungsservice aus dem Westen erhalten. Insgesamt
belaufen sich die von USA und EU zugesagten Sanktionslockerungen auf rund 7
Milliarden US-Dollar. Das harte Sanktionsregime insbesondere gegen Öl- und
Finanztransaktionen soll bis zur Vereinbarung eines endgültigen Abkommens
aber bestehen bleiben.
Die Vereinbarung wird vom Iran und der P5+1 zwar als hart erkämpfter
Kompromiss verkauft. Tatsächlich aber hat Teheran schließlich sämtlichen
Forderungen nachgegeben - mit Ausnahme des Wunschs nach Inspektionen der
Militäranlage in Parchin am Kaspischen Meer. Hier soll der Iran nach
Mutmaßung der Geheimdienste der USA und Israels Zünder für atomare
Sprengköpfe getestet haben.
Für US-Präsident Barack Obama dürfte die Vereinbarung ausreichen, um den
Senat in Washington von der angedrohten Verhängung neuer Sanktionen gegen
den Iran abzuhalten. Ob für seinen iranischen Amtskollegen Hassan Rohani
die angekündigten Sanktionserleichterungen ausreichen, um die konservativen
Hardliner in Teheran in Schach zu halten, ist weniger gewiss.
24 Nov 2013
## AUTOREN
Andreas Zumach
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