# taz.de -- Medizinprüfer über Implantate: „Industrie verhindert Patientenn… | |
> In Europa kommen weiter Medizinprodukte auf den Markt, die anderswo wegen | |
> ihres Risikos abgelehnt werden, rügt Deutschlands oberster Medizinprüfer | |
> Jürgen Windeler. | |
Bild: Objekt des Anstoßes: Brustimplantat der Firma PIP | |
taz: Herr Windeler, der einstige König der Brustimplantate ist zu vier | |
Jahren Haft plus Geldbuße verurteilt worden. Ist die Welt der künstlichen | |
Prothesen, Silikonkissen und Gelenke damit sicherer geworden? | |
Jürgen Windeler: Jedenfalls gibt es diese gefährlichen Produkte nun nicht | |
mehr. Das grundsätzliche Problem ist dadurch aber nicht beseitigt. | |
Weiterhin wird bei Arzneimitteln und Medizinprodukten mit zweierlei Maß | |
gemessen werden. | |
Wovor müssen sich Patienten fürchten? | |
Nach wie vor werden neue Medizinprodukte vor allem einer technischen | |
Prüfung unterzogen. Die Frage, ob sie Patienten mehr nutzen als schaden, | |
spielt in Europa nur eine untergeordnete Rolle. Und so kommen hier Produkte | |
auf den Markt, die in anderen Ländern wegen ihres Risikos oder nicht | |
bewiesener Vorteile abgelehnt werden. | |
Die EU verschärft doch aber gerade ihre Verordnung zu dauerhaft im Körper | |
verbleibenden Implantaten? | |
Ja, sie zieht einige Lehren aus dem PIP-Skandal. Aber diese betreffen | |
weiterhin vorrangig die technische Seite. Wichtige Verbesserungsvorschläge, | |
die den Patientennutzen im Auge hatten, hat die Industrie in Brüssel | |
erfolgreich verhindert. | |
Was wäre nötig, um wirksamen Schutz für Patienten und eine bessere | |
Herstellerhaftung sicher zu stellen? | |
Patienten sollten sicher sein können, dass sie Produkte bekommen, die ihnen | |
mehr gesundheitliche Vorteile als Nachteile verschaffen. Sie sollten | |
jedenfalls so sicher sein können wie bei Arzneimitteln. Das Produkt muss | |
einem Patienten schnell zuzuordnen sein, falls Probleme auftreten. Und die | |
Bewertungsergebnisse bei der Zertifizierung mit dem so genannten | |
CE-Prüfsiegel müssen offen gelegt werden. | |
An wessen Widerstand scheitert das? | |
An wirtschaftlichen Interessen. Der „Standort Deutschland“ mit | |
Arbeitsplätzen und Exportchancen hat hier Vorfahrt. | |
Haben Sie Hoffnung, dass eine große Koalition den Mumm hat, sich im Sinne | |
der Verbraucher mit der Industrie anzulegen? | |
Ja, durchaus. Im Koalitionsvertrag ist zu erkennen, dass die Politik das | |
Problem erkannt hat und sich vorgenommen hat, die Dominanz der | |
wirtschaftlichen Sichtweise nicht mehr gelten zu lassen. Hier wird sich in | |
der nächsten Monaten zeigen, ob in Deutschland Besseres möglich ist als in | |
der EU. | |
10 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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