Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Urteil im Brustimplantate-Prozess: Betrug mit schweren Folgen
> Der Chef der französischen Brustimplantatsfirma PIP muss für vier Jahre
> ins Gefängnis. Seine Prothesen hatten eine gefährliche „Hausmischung“
> enthalten.
Bild: Fotografen fotografieren Prozessakten in Marseille – und werden von Fot…
PARIS taz | Das Strafgericht von Marseille hat Jean-Claude Mas, den Gründer
der Firma Poly Implant Prothèse (PIP), wegen schweren Betrugs bei der
Herstellung von Brustimplantaten zu vier Jahren Haft und einer Geldbuße von
75.000 Euro verurteilt. Zudem wird Mas eine Tätigkeit im medizinischen
Bereich und die Führung eines Unternehmens untersagt.
Vier mitangeklagte führende Angestellte von PIP wurden ebenfalls schuldig
erklärt und zu Gefängnisstrafen zwischen 18 und 36 Monaten verurteilt,
wurden aber größtenteils zur Bewährung ausgesetzt. Bei dem Prozess traten
auch 7.500 Frauen aus ganz Europa und Südamerika als zivile
Nebenklägerinnen auf, vertreten von 300 Anwälten.
Das Urteil ist keine Überraschung. Das Gericht folgte, sieben Monate nach
dem Ende einer weltweit verfolgten Gerichtsverhandlung, weitgehend den
Anträgen der Staatsanwaltschaft. Die hatte in ihrem Plädoyer eine
exemplarische Verurteilung für die Verantwortlichen dieses Skandals
gefordert.
Der 74-jährige Firmengründer Mas wurde von der Anklage als „Zauberlehrling�…
beschrieben, der zunächst zu mogeln begonnen hat, um gegen die Konkurrenz
zu bestehen – dann aber aus Habgier mit dem Wissen seines Personals einen
Betrug im großen Stil aufgezogen hat.
Das 1991 in La Seyne-sur-Mer bei Toulon in Südfrankreich gegründete
Unternehmen PIP hatte bis 2010, als der Schwindel aufflog, Hunderttausende
von Brustprothesen in alle Welt exportiert. Bis zu 300.000 Frauen bekamen
Implantate, die, entgegen der offiziellen Beschreibung des Inhalts, statt
des für medizinische Zwecke zugelassenen Silikons eine von Mas erfundene
„Hausmischung“ enthalten, die im Wesentlichen aus Industriesilikon besteht.
## Gefahr von Rissen in den Implantaten
Derartige Prothesen wiesen öfter und schneller Defekte auf, im Fall von
Rissen verursachte dies Entzündungen und andere zu Teil schwere
medizinische Komplikationen für die betroffenen Frauen. Den 30.000 Frauen
in Frankreich mit PIP-Prothesen wurde daher von den Gesundheitsbehörden
empfohlen, sich ihre Implantate operativ ersetzen zu lassen. Zur Angst vor
Beschwerden und gesundheitlichen Folgen kommt für die meisten Betroffenen
so noch ein finanzielles Problem hinzu.
Über den Skandal von PIP hinaus hat der Prozess in Marseille die Frage nach
einer besseren Kontrolle von Implantaten und Prothesen aufgeworfen. In
Marseille saß der mit der Zertifikation und Qualitätsprüfung beauftragte
TÜV Rheinland auf der Seite der Kläger. Dessen Prüfer fühlten sich durch
falschen Angabe zu den verwendeten Produkten ebenfalls von der PIP
hintergangen.
Die Frage der Haftung und finanziellen Wiedergutmachung ist noch nicht
geklärt. Bei einem zivilrechtlichen Verfahren hatte ein anderes Gericht in
Südfrankreich den TÜV Rheinland wegen absehbaren Schadenersatzforderungen
verpflichtet, Rückstellungen in der Höhe von 3.000 Euro pro Opfer zu
bilden. Noch wartet man aber auch darauf, dass in Europa vor dem
Hintergrund dieses Urteils bezüglich der Zulassungsregeln alle Lehren aus
dem Silikonskandal gezogen werden.
10 Dec 2013
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
PIP
Brustimplantate
Marseille
TÜV Rheinland
PIP
Brustimplantate
PIP
Brustimplantate
Brustimplantate
Brustimplantate
Brustimplantate
PIP
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gesundheitsschädliche Brustimplantate: Kein Schmerzensgeld vom TÜV
Der TÜV Rheinland hatte fehlerhafte PIP-Brustimplantate aus Frankreich
geprüft. Eine betroffene Frau verlangte Schadenersatz. Sie ist im zweiten
Versuch gescheitert.
Gesundheitsschädliche Brustimplantate: TÜV muss sofort zahlen
Der TÜV Rheinland hat erneut eine Gerichtsverhandlung verloren. Betroffene
Brustimplantat-Patientinnen dürfen Schadensersatz in Höhe von 3.000 Euro
sofort verlangen.
Medizinprüfer über Implantate: „Industrie verhindert Patientennutzen“
In Europa kommen weiter Medizinprodukte auf den Markt, die anderswo wegen
ihres Risikos abgelehnt werden, rügt Deutschlands oberster Medizinprüfer
Jürgen Windeler.
Urteil von französischem Gericht: TÜV haftet für Billigbrustimplantate
Die Betroffenen minderwertiger Brustimplantate können auf Entschädigung
hoffen. Ein Gericht in Toulon hat entschieden: Der TÜV Rheinland habe
geschlampt.
Prozess um Brustimplantate: Fälschlich zertifizierte Brüste
Betroffene Frauen und Händler gewinnen vor Gericht gegen den TÜV Rheinland.
Dieser habe seine bei der Kontrolle versagt und muss den Schaden nun
ausgleichen. steht nun Schadensersatz zu
Prozess um fehlerhafte Brustimplantate: PIP-Chef bestreitet Täuschung
Der langjährige Chef der französischen Firma PIP, Jean-Claude Mas,
bestreitet dass er den TÜV bewusst in die irregeführt hat: Es sei alles
schon Routine gewesen.
Brustimplantate-Skandal in Frankreich: Körperverletzung durch Silikon-Betrug
Laut des Urteils eines Berufungsgerichts können jetzt auch Frauen, die sich
ihre PIP-Brustimplantate präventiv entfernen ließen, klagen.
Klage wegen Brustimplantaten: „Die haben uns angelogen“
Der TÜV Rheinland hat die fehlerhaften Brust-Implantate zertifiziert. Nun
geriert er sich in Frankreich als Opfer eines Industrieschwindels.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.