# taz.de -- Kommentar EU-Zuwanderungsdebatte: Gefühlte Gerechtigkeit | |
> Haben arbeitslose EU-Migranten Anspruch auf Hartz IV? Auch wenn der | |
> Europäische Gerichthof dies verfügen könnte, ist Hysterie unangebracht. | |
Bild: Rumänischer Reisebus in Frankfurt am Main. | |
Sozialgesetzgebung und Rechtsprechung werden immer dann kompliziert, wenn | |
die Lücke zwischen Gesetzen und der „gefühlten Gerechtigkeit“ in der | |
Bevölkerung auseinanderklafft. Das neueste Kapitel dazu ist die | |
Befürchtung, der Europäische Gerichtshof könne demnächst der deutschen | |
Gesetzgebung aufgeben, einen Passus abzuschaffen, nachdem arbeitslose | |
EU-Migranten, die hier noch nie gejobbt haben, von Leistungen nach Hartz IV | |
grundsätzlich ausgeschlossen sind. | |
Der pauschale Ausschluss ist in der Tat heikel, wenn man Hartz IV, | |
respektive das „Arbeitslosengeld II“, als Leistung zur Eingliederung | |
betrachtet, also als Stütze, die helfen soll, eine Arbeit zu finden oder | |
sich zu qualifizieren. Dies könnte man nach den Regelungen zur | |
Arbeitnehmerfreizügigkeit den EU-Migranten nicht unbedingt versagen. Ob | |
Hartz IV gewährt wird, müsste nach dieser Logik von Fall zu Fall beurteilt | |
werden. | |
Großbritannien tut das schon, wenn auch auf sehr strenge Weise. Dort müssen | |
arbeitslose EU-Migranten nach drei Monaten einen Test absolvieren, in dem | |
auch nach Sprachkenntnissen und Jobchancen gefragt wird. Passieren sie den | |
Test, bekommen sie das Arbeitslosengeld, die „Jobseeker Allowance“, für ein | |
halbes Jahr, danach wird wieder nach den Jobchancen gebohrt. | |
Der Europäische Gerichtshof könnte auch von Deutschland verlangen, | |
EU-Migranten mit Zugangschancen für den Jobmarkt für eine bestimmte Zeit | |
Hartz IV zu gewähren. Aber bis diese Rechtsprechung erfolgt, haben schon | |
Tausende Rumänen und Bulgaren hier einen Job gefunden – oder sind schon so | |
lange erwerbslos, dass sie wegen schlechter Prognose von der Leistung | |
ausgeschlossen bleiben. Die praktischen Auswirkungen des EU-Streits dürften | |
daher gering sein. Hysterie ist also wirklich nicht angebracht. | |
13 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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