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# taz.de -- Frauen im Hip-Hop: Ungezähmt weiblich
> Rapperinnen wie Angel Haze und Azealia Banks behaupten sich selbstbewusst
> im männerdominierten Geschäft. Sie stellen das Hip-Hop-Rollenbild in
> Frage.
Bild: Selbstbewusst und angriffslustig: die 22-jährige US-Rapperin Azealia Ban…
Wie man es auch dreht und wendet: Im Hip-Hop haben Frauen nie die
allergrößte Rolle gespielt. Zwischen dem inhärenten Machismo des
Battle-Gedankens, dem rückwärtsgewandten Frauenbild vieler Protagonisten
und der Industrie schien einfach kein Platz für „Femcees“ – abwertende
Begriffe wie diesen gratis.
Seit einiger Zeit ereignet sich jedoch ein Paradigmenwechsel: Junge,
talentierte Künstlerinnen wie Angel Haze oder Azealia Banks weisen das
nötige Selbstbewusstsein auf, um sich in diesem feindseligen Umfeld zu
behaupten.
Allmählich verschiebt sich das Ungleichgewicht der Geschlechter im Hip-Hop
in Richtung einer künftig zu erwartenden echten Gleichstellung. Beleg dafür
ist etwa die „Cunt Mafia“-Partyreihe in Bushwick, einem Viertel von
Brooklyn, New York. Exzentrische junge Künstlerinnen nutzen sie als Bühne,
das Publikum ist ein wilder Mix aus Kunststudenten und Ghettokids. Zur
Party werden Trap, Hip-Hop und House aufgelegt, queere Raver sind ebenso
willkommen wie Freaks und Fashionistas.
In dieser Subkulturszene trieb sich auch Azealia Banks herum, ein
22-jähriges Energiebündel aus Harlem. Ihr immenses Talent personifiziert
das neue Selbstbewusstsein junger Rapperinnen: Sie legt sich auf Twitter
mit jedem an, von Lady Gaga bis Miley Cyrus, steht offen zu ihrer
Bisexualität, erklärt aber auch stets, nicht auf die Rolle der bisexuellen
Rapperin reduziert werden zu wollen.
2012 lud sie das Low-Budget-Video zu ihrer infektiösen Hip-House-Single
„212“ ins Netz, deren Text sich auf die Vorzüge des Cunnilingus
kaprizierte. Seitdem wartet eine wachsende Fanschar auf ihr Debütalbum
„Broke With Expensive Taste“, an dem sie mit Produzenten aus der
Bass-Music-Welt arbeitet und das nun endlich im März 2014 erscheinen soll.
## Hochgelobtes Mixtape
Ähnliche Hoffnungen werden auf die ebenfalls 22 Jahre junge New Yorkerin
Angel Haze projiziert, die auf ihren hochgelobten Mixtapes so mutig wie
technisch brillant über Themen wie Kindesmissbrauch oder Ausgestoßensein
auf dem Schulhof rappte. Aus Frust über Streitigkeiten mit ihrer
Plattenfirma stellte sie ihr Debütalbum „Dirty Gold“ selbst ins Netz,
worauf die Veröffentlichung um drei Monate vorgezogen wurde.
Leider zeigt das am Montag veröffentlichte Album, dass Angel Haze sich von
der Major-Maschinerie in eine allzu zahnlose Richtung drängen ließ: „Dirty
Gold“ ist entgegen seinem Titel ein glatt gebügelter Teppich aus
handelsüblicher Elektrotrash- und Plastikpop-Ware. Leider wird diese
brillante Rapperin dadurch eines Großteils ihrer Andersartigkeit beraubt.
Was bleibt, ist der positive Umstand, dass sich in der traditionell
frauenunfreundlichen Hip-Hop-Welt etwas tut. Für dieses neu erwachende
weibliche Selbstbewusstsein kann die Wirkung von Nicki Minaj nicht hoch
genug eingeschätzt werden. Die New Yorkerin spielt in ihrem Image gekonnt
mit sexuellen Identitäten und einem ironisch gebrochenen Ghetto-Chic. Mit
ihren durchgeknallten Stylings, diversen Alter Egos und wilden Performances
bietet die 31-Jährige tatsächlich so etwas wie ein Rollenvorbild, etwa für
die erwähnte „Cunt Mafia“-Szene.
Auf Kollaborationen mit Branchengrößen wie Kanye West bewies Minaj zudem,
dass sie es reimtechnisch mit jedem Kollegen aufnehmen kann. Natürlich gab
es schon in früheren Phasen der Hip-Hop-Kultur Protagonistinnen wie etwa
Roxanne Shanté mit ihrem burschikosen Charme oder Salt-n-Pepa, die über
selbstbestimmten Sex rappten.
## Hoffnungen der Majors
In den Neunzigern bedienten sich die Gangsta-Rapperinnen Lil Kim und Foxy
Brown vor allem ihrer körperlichen Reize zur Aufmerksamkeitssteigerung. Mit
viel gutem Willen ließe sich auch das als feministischer Akt der
Selbstermächtigung lesen, doch ihre stereotypen Images bedeuteten im
Ergebnis einen Rückschritt. Sie wurden nur als attraktive Musen von Gönnern
wie The Notorious B.I.G. wahrgenommen, der auch noch die Texte schrieb.
Wenn man so will, waren Lauryn Hill und Missy Elliott gegen Ende der
Neunziger die Ersten, die sich auf künstlerischer Ebene nicht reinreden
ließen. Die Talente von heute, inklusive Nicki Minaj, beziehen sich genauso
auf Missy wie auf Lauryn Hill, auf Lil Kim wie auf Beyoncé. Sie machen sich
nun daran, die Hip-Hop-Szene und die Welt des Pop mit angriffslustiger
Attitüde zu erobern. Minaj hat seit ihrem Durchbruch 2009 Millionen Alben
verkauft und steht mit einem geschätzten Jahresverdienst von 15 Millionen
US-Dollar ganz oben in der Liste der reichsten US-Entertainer.
Selbstbestimmte Weiblichkeit lässt sich heute also tatsächlich verkaufen.
Das erklärt, warum Angel Haze oder Azealia Banks derzeit zu den größten
Hoffnungen der Majors gehören. Doch diese Rechnung wird nur aufgehen, wenn
sie sich nicht von Managern zähmen lassen.
19 Jan 2014
## AUTOREN
Stephan Szillus
## TAGS
HipHop
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